12. April 2021

Check the Box-Verfahren: Optionsmodell soll Körperschaftsteuerrecht in Deutschland modernisieren 

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Das Check the Box-Verfahren ist ein Vereinfachungswahlrecht aus den USA. Nun soll ein ähnliches Optionsrecht das deutsche Körperschaftsteuerrecht modernisieren. Alle Infos im Überblick.

Optionsmodell soll Körperschaftsteuerrecht modernisieren: Deshalb soll das Körperschaftsteuerrechts modernisiert werden

Die Besteuerung von Körperschaften und Personengesellschaften ist systematisch verschieden. Sie führt in den Auswirkungen aber auch im Rahmen des Besteuerungsverfahrens teils zu erheblichen Unterschieden hinsichtlich der effektiven Steuerbelastung und dem damit verbundenen Bürokratieaufwand. Insbesondere die verfahrensrechtlichen Unterschiede stehen immer wieder in der Kritik und sind im internationalen Kontext kaum erklärbar.
Ein klassischer deutscher Sonderweg. International weitgehend unbekannt. Auch die im Jahre 2008 eingeführte Thesaurierungsbegünstigung konnte hier keine Erleichterung schaffen. Sie stellt sich zu komplex dar. In seltenen Fällen kann sie sogar zu einer höheren steuerlichen Gesamtbelastung führen. Folglich wird sie kaum genutzt.

Reform der Unternehmensbesteuerung war bereits Anfang der 2000er geplant

Bereits im Jahr 2000 wurde von der damaligen Kommission zur Reform der Unternehmensbesteuerung vorgeschlagen, eine Wahlmöglichkeit für Personengesellschaften zu schaffen. Sie sah vor, dass sich Personengesellschaften wie eine Kapitalgesellschaft besteuern lassen können. Dieser Vorschlag fand auch Eingang in den an den Kommissionsempfehlungen orientierten Entwurf des Steuersenkungsgesetzes 2000. Im Gesetzesgang wurde er aber fallen gelassen und war im letztlich verabschiedeten Gesetz nicht mehr enthalten. Nun hat die Bundesregierung den damaligen Vorschlag wieder aufgegriffen. Am 24. März 2021 wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts beschlossen. Kern des Gesetzentwurfs ist es, für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaften durch eine Option zur Körperschaftsteuer eine echte rechtsformneutrale Besteuerung zu schaffen.
Der Gesetzentwurf enthält weiterhin

  • eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Umwandlungssteuerrechts, sowie
  • Vereinfachungen bei organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen und
  • Vereinfachungen bei Währungskursschwankungen bei Gesellschafterdarlehen.

Personengesellschaften erhalten Möglichkeit zur Besteuerung wie Kapitalgesellschaften

Durch einen neuen § 1a KStG sollen Personenhandelsgesellschaften, wie KGs und OHGs, sowie Partnerschaftsgesellschaften die Möglichkeit eingeräumt werden, sich steuerlich wie Kapitalgesellschaften behandeln zu lassen. Die Ausübung dieses Wahlrechts trifft auch die Gesellschafter:innen der jeweiligen Gesellschaften. Der persönliche Anwendungsbereich soll für alle Gesellschaften gelten, denen auch ein Formwechsel nach § 25 UmwStG offen steht. Investmentfonds sind von der Ausübung des Wahlrechts ausgeschlossen.

Optionsmodell soll Körperschaftsteuerrecht modernisieren: Unwiderruflicher Antrag mit Formwechsel

Vor Beginn des Wirtschaftsjahres, ab welchem die Option ausgeübt werden soll, müssen Unternehmen einen unwiderruflichen Antrag stellen. Der Übergang zur Option gilt als Formwechsel nach § 25 UmwStG. Für diesen gelten die bisher kodifizierten steuergesetzlichen Regelungen. Somit dürfen für einen steuerneutralen Übergang beispielsweise keine wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten werden.
Eine Rückkehr zur transparenten Besteuerung ist auf dem gleichen Wege möglich. Sie wird auch dann ausgelöst, wenn die Personengesellschaft durch das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters oder der vorletzten Gesellschafterin zivilrechtlich beendet wird. Gleiches gilt, wenn die gesetzliche Grundlage für die Optionierung wegfällt.

Rein steuerliche Regelung und keine zivilrechtliche Haftungsregelung

Die zivilrechtlichen Haftungsregelungen bleiben von der Ausübung des Optionsrechts unberührt. Ebenso werden bestimmte steuerliche Regelungen, die nur für ausdrücklich bezeichnete Kapitalgesellschaften gelten, keine Anwendung finden.

Beteiligung an einer optierenden Gesellschaft und das Wahlrecht

Für die Gesellschafter:innen gilt bei Ausübung des Wahlrechts, dass ihre Beteiligung nunmehr wie eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft behandelt wird. Somit unterliegen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Einnahmen dem Kapitalertragsteuerabzug nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 43 ff KStG.

Weitere Änderungen

  • Erweiterung des räumlichen Anwendungsbereiches des Umwandlungssteuerrechts: Bisher steht das Umwandlungssteuerrecht fast ausschließlich Gesellschaften des EU/EWR-Raumes offen. Dieser Anwendungsbereich wird nun unter bestimmten Voraussetzungen auf Gesellschaften weltweit ausgedehnt.
  • Durch die geplante Streichung von § 12 Abs. 2 und 3 KStG soll die Streichung der Liquidationsbesteuerung bei Wegzug einer Körperschaft in Drittstaaten entfallen.
  • Beseitigung von Unwuchten durch Aufnahme eines neuen § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG: Währungsverluste im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen und vergleichbaren Rechtsgeschäften sollen zukünftig vom Abzugsverbot ausgenommen werden.
  • Ersatz der Ausgleichsposten bei organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen durch eine sogenannte Einlagelösung zur Minderung des Bürokratieaufwandes bei der steuerbilanziellen Nachverfolgung.

Optionsmodell soll Körperschaftsteuerrecht modernisieren: Ausblick zum geplanten Gesetzesvorhaben

Die Bundesregierung plant das Gesetzesvorhaben noch vor Ende der Legislatur abzuschließen. Eine erste Beratung wird der Finanzausschuss des Bundestages am 21. April 2021 vornehmen. Gleichzeitig wurde der Gesetzentwurf bereits dem Bundesrat zur Begutachtung bis zum 7. Mai 2021 zugeleitet. Die 3. Lesung im Bundestag ist für den 21. Mai 2021 geplant. Das Optionsrecht soll gemäß des Gesetzesentwurfs für Veranlagungszeiträume ab 2022 anwendbar sein.

Unsere Einschätzung

Eine rechtsformneutrale Besteuerung durch eine Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften herzustellen ist überfällig. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzentwurf es zwanzig Jahre später bis zur Kodifizierung schafft und welche Änderungen sich auf diesem Wege noch ergeben. Bisher ist der Gesetzestext knapp gefasst und lässt noch einige Fragen der Umsetzung ungeklärt. Grundsätzlich halten wir die geplanten Neuerungen für sinnvoll und begrüßen diese sehr.

Haben Sie Fragen? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

 

Johannes Dähnert

CSO, CCO, CHRO, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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