9. April 2021

Überbrückungshilfe 3 fördert Abschreibungen für den Einzelhandel

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Der Bund hat im Rahmen der Überbrückungshilfe 3 Möglichkeiten zur Abschreibung für den Einzelhandel geschaffen. Dieses soll zukünftig auch für den Großhandel gelten. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die aktuell geltenden Bestimmungen.

Bei der Überbrückungshilfe 3 hat der Bund den Katalog der förderfähigen Fixkosten gegenüber den vorigen Hilfen erweitert. Darin finden sich Anpassungen der Sonderregelungen für die Reisebranche ebenso wie die Möglichkeit für die Veranstaltungs- und Kulturbranche, bestimmte Kosten geltend zu machen. Ebenso sind darin Abschreibungsmöglichkeiten auf verderbliche Waren und auf Saisonware für den Einzelhandel eingeführt. Mit der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) wurde angekündigt, diese Abschreibungsmöglichkeiten auf den Großhandel sowie auf Hersteller zu erweitern. Darüber hatten wir auch schon kurz berichtet.

Hier erhalten Sie eine Zusammenfassung der bislang geltenden Richtlinien zu dieser Möglichkeiten der Abschreibungen für Einzelhandel im Rahmen der Überbrückungshilfe 3. Dabei beschränken wir uns aktuell auf die Aufführungen zum Einzelhandel, da die FAQ zur Überbrückungshilfe 3 die angekündigten Neuerungen noch nicht umgesetzt haben.

Geltende Antragsvoraussetzungen zur Sonderregelung der Überbrückungshilfe 3 für den Einzelhandel

Grundsätzlich gelten für die Anwendung der Sonderregelung für die Abschreibung in der Überbrückungshilfe 3 im Einzelhandel zunächst einmal die gleichen Zugangsvoraussetzungen wie für alle anderen Unternehmen auch. Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, dürfen auch nach dieser Sonderregelung für den Einzelhandel weitere Fixkosten angesetzt werden. Wichtig ist nur, dass es sich dabei um Wertverluste aus verderblicher Ware oder aus einer sonstigen dauerhaften Wertminderung unterliegenden Ware (zum Beispiel Saisonware für die Wintersaison 2020/2021) handelt. Doppelabschreibungen sind nicht gestattet.

Voraussetzung: Im Vergleichsmonat 2019 muss das antragstellende Unternehmen mindestens 70 Prozent des Umsatzes im Einzelhandel erzielt haben.

Die Regelungen gelten auch für Kooperationen im Einzelhandel. Entweder darf die Einkaufskooperation die Sonderregelungen anwenden oder aber die einzelnen Einzelhändler. Es darf keine Doppelförderung entstehen.

Hersteller und Großhändler von verderblicher Ware für die Gastronomie und den Garten- und Gemüsebau (Zierpflanzenerzeuger) können die Sonderregelung bei der Überbrückungshilfe 3 für den Einzelhandel ebenfalls in Anspruch nehmen. Und laut Ankündigung des BMWi soll das zukünftig auch generell für den Großhandel und für Hersteller gelten.

Prüfende Dritte müssen Wertverlust für Inanspruchnahme der Überbrückungshilfe 3 darlegen

Zusätzlich zu den (übrigen) festgelegten Fixkosten dürfen für diese Sonderregelung berufene Antragsteller:innen weitere Kosten ansetzen. Diese zusätzlichen Kosten können zum Beispiel bei Wertverlust von verderblicher Ware oder einer sonstigen dauerhaften Wertminderung (d.h. Saisonware Winter 20/21) anfallen.

Voraussetzungen für ansetzbare Artikel:

Es werden nur Artikel angesetzt, die vor dem 1. Januar 2021 (Zeitpunkt der verbindlichen Bestellung) eingekauft und bis zum 28. Februar 2021 ausgeliefert wurden. Andere Artikel fallen nicht unter die Regelung.

  • Außerdem darf die Ware nicht bereits in der Wintersaison 2019/2020 angeboten worden sein.
  • Zudem darf die Ware nicht saisonübergreifend im Sortiment erhältlich sein (Beispiel: Sporthändler hat ganzjährig Ski im Regal stehen).
  • Waren, die regelmäßig ein- und verkauft werden, fallen ebenfalls aus der Regelung raus.

Gegenüber dem prüfenden Dritten muss über jede einzelne betrachtete Ware ein Wertverlust dargelegt werden. Außerdem müssen Unternehmen begründen, warum die Ware den Wertverlust erleidet. Darüber ist eine Dokumentation zu führen, die auf Anfrage den Bewilligungsstellen vorzulegen ist.

Förderhöhe der Warenwertabschreibung für den Einzelhandel im Rahmen der Überbrückungshilfe 3

Förderfähig für die oben genannten Artikel ist die Warenwertabschreibung. Die Warenwertabschreibung berechnet sich aus dem kumulierten Einkaufspreis (inklusive Anschaffungsnebenkosten nach §255 Abs 1 HGB) abzüglich der kumulierten Abgabepreise (Umsatz- und Vorsteuerbereinigt) für die gesamte betrachtete Ware (bereits verkaufte Ware zum Stichtag bleibt außen vor).

Die Wahl des Stichtags ist zwar frei, es gilt jedoch frühestens der 31. Dezember 2020. Zum Stichtag muss man dann eine Bestandsaufnahme (Inventur) der Ware machen.

Ziel ist es, die Vernichtung der Waren zu vermeiden. Deshalb sind die kumulierten Abgabepreise mindestens in Höhe von 10 Prozent der Anschaffungskosten bei der Berechnung zu berücksichtigen. Eine Ausnahme besteht nur bei für wohltätige Zwecke gespendeten Waren. Hier geht man von einem Ausgabewert von 0 Euro aus.

Alle berechneten Kosten lassen sich frei auf die jeweiligen Fördermonate verteilen. Der Monat mit der höchsten Förderungsquote ist hier sinnvoll.

Die Förderhöhe der einzelnen Monate bemisst sich nach den Umsatzeinbrüchen der Fördermonate im Verhältnis zu den jeweiligen Vergleichsmonaten im Jahr 2019:

  • bis zu 90 Prozent (gegebenenfalls bald 100 Prozent) der förderfähigen Fixkosten bei Umsatzeinbruch > 70 Prozent
  • bis zu 60 Prozent der förderfähigen Fixkosten bei Umsatzeinbruch ≥ 50 Prozent und ≤ 70 Prozent
  • bis zu 40 Prozent der förderfähigen Fixkosten bei Umsatzeinbruch ≥ 30 Prozent und < 50 Prozent

Was ist bei der Schlussabrechnung zu beachten?

Der Stichtag für die Schlussabrechnung ist der 30. Juni 2021 (Ende des Förderzeitraums). Es gilt eine umfassende Dokumentations- und Nachweispflicht über den Verbleib beziehungsweise den Restwert der Ware. Bei der Schlussabrechnung müssen Inventurbewertungen oder andere stichhaltige Belege für den Warenbestand und seine Veränderungen, inklusive Bewertung, vorgelegt werden (plausibilisiert durch den prüfenden Dritten).

Sind die Abgabepreise tatsächlich höher oder niedriger als vermutet, steht eine Rückzahlung im Raum oder aber eine nachträgliche Auszahlung.

Vereinfachtes Beispiel:

Ein:e Einzelhändler:in kauft am 1. Dezember 2020 Winterjacken für 100.000 Euro. Bis zur corona-bedingten Schließung am 16. Dezember 2020 verkauft er/sie die Ware im Einkaufswert von 10.000 Euro und erzielt damit einen Umsatz von 30.000 Euro.

Somit liegt zum Stichtag 31.Dezember 2020 noch Saisonware im EK-Wert von 90.000 Euro im Laden. Der Einzelhändler/die Einzelhändlerin geht davon aus, dass er/sie diese Ware nicht mehr verkaufen kann und setzt 90.000 Euro als Fixkosten bei der Beantragung im höchsten geförderten Monat an (90 Prozent Förderung) und erhält somit 81.000 Euro.

Am 30. Juni 2021 macht der Einzelhändler, die Einzelhändlerin dann erneut eine Bestandsaufnahme. Einen Teil des Warenbestands wird er/sie mit einem EK von 30.000 Euro im Rahmen eines Winterschlussverkaufs zu einem kumulierten Preis von 45.000 Euro verkaufen.

Den anderen Teil des Warenbestands mit einem EK von 30.000 Euro wird er nur noch für einen kumulierten Preis von 15.000 Euro los.

Ein weiterer Teil des Warenbestands spendet er/sie mit einem EK von 15.000 Euro einer wohltätigen Einrichtung und den Rest des Warenbestands, mit einem EK von 15.000 Euro, verschenkt er/sie im Rahmen einer Werbeaktion an Stammkunden.

Berechnung der Förderhöhe für Saisonware bei der Überbrückungshilfe 3 für den Einzelhandel

Überbrückungshilfe 3 Abschreibungen Einzelhandel

Wurden 43.500 Euro im am höchsten geförderten Monat angesetzt (90 Prozent), ergibt sich daraus eine tatsächliche Förderung von 39.150 Euro. Die bereits erhaltene Förderung von 81.000 Euro zieht nun eine Rückzahlung nach sich: 81.000 Euro – 39.150 Euro = 41.850 Euro.

Diese Berechnungsmethode kann man den FAQ so aus dem dort aufgeführten Beispiel entnehmen.

Aber: Wortlaut der FAQ: „Die Warenwertabschreibung berechnet sich aus der Differenz der kumulierten Einkaufspreise und der kumulierten Abgabepreise für die gesamte betrachtete Ware. Bereits verkaufte Ware bleibt bei der Betrachtung außen vor.“

Die FAQ bieten hier (mal wieder) Interpretationsspielraum. Man kann sich grundsätzlich die Frage stellen, ob und wann die Werte kumuliert werden müssen. Kumuliert man erst die Werte der Anschaffungskosten und des Verkaufspreises separat und bringt dann die Werte in Abzug, oder berechnet man wie im obigen Berechnungsbeispiel aufgeführt erst den Deckungsbeitrag jedes Produkts und summiert diese dann auf?

Im oben aufgezeigten Beispiel würde dies weitreichende Folgen haben:

Überbrückungshilfe 3 Abschreibungen Einzelhandel

Durch diese Berechnung entsteht eine Differenz von 15.000 Euro in der tatsächlichen Förderung.

Das vom BMWi in den FAQs aufgezeigte Beispiel bietet nicht zweifelsfrei eine Lösung an, da bei beiden dort aufgeführten Varianten die identische Förderhöhe berechnet würde. Eine Klarstellung wäre aus unserer Sicht wünschenswert.

Unsere Einschätzung

Es ist eine gute Sache, dass man versucht, der Vernichtung von Waren hier ein Schnippchen zu schlagen. So hilft man Unternehmen mit Saisonware oder verderblichen Waren. Das ist sehr zu begrüßen.

Auch begrüßen wir ganz ausdrücklich die geplante Erweiterung der Sonderregelungen auch für den Großhandel. Von Anfang an hatten wir uns die Frage gestellt, warum das für den Großhandel nicht gelten solle.

Wie schon erwähnt, wäre eine weitere Klarstellung aus unserer Sicht hilfreich. An dieser Stelle loben wir noch einmal ausdrücklich die Ministerien, weil die FAQ zur Überbrückungshilfe 3 doch insgesamt deutlich an Qualität gewonnen haben.

Brauchen Sie Unterstützung bei der Berechnung Ihrer Förderhöhe? Unsere Expertinnen und Experten stehen Ihnen gerne zur Seite.

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Expert:innen zu diesem Thema

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