1. April 2021

Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis und was Sie als Arzt oder Ärztin dabei steuerlich beachten müssen

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Eine Praxisveräußerung kann viele Gründe haben: fortgeschrittenes Alter des Praxisinhabers oder der -inhaberin, Krankheit oder ein Umzug aus privaten Gründen. Wenn sich in der Familie oder der Region kein geeigneter Nachfolger beziehungsweise eine Nachfolgerin findet, kann es vorkommen, dass eine Praxis geschlossen wird. Dabei findet kein Verkauf statt. Im nachfolgenden Blogbeitrag haben wir uns mit der Praxisaufgabe beziehungsweise der Veräußerung genauer auseinandergesetzt. Hier erfahren Sie, welche steuerlichen Vorteile es unter bestimmten Voraussetzungen gibt und was Sie als Arzt oder Ärztin steuerlich bei Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis beachten müssen.

Wie werden Veräußerungsgewinn beziehungsweise Aufgabegewinn ermittelt?

Der Veräußerungsgewinn ermittelt sich gemäß 16 Absatz 2 EStG in Verbindung mit Paragraph 18 Abs. 3 EStG wie folgt:

Veräußerungspreis
– Wert des Betriebsvermögens
– eventuelle Veräußerungskosten
= Veräußerungsgewinn / -verlust

Der Aufgabegewinn (Pragraph 16 Absatz 3 S. 1 EStG in Verbindung mit Pragraph 18 Abs. 3 EStG) wird wie folgt ermittelt:

Gemeiner Wert der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter
– Wert des Betriebsvermögens
– eventueller Kosten im Zusammenhang mit der Praxisaufgabe
= Aufgabegewinn / -verlust

Ergibt sich beim Praxisverkauf ein Verlust, kann dieser mit anderen positiven Einkünften (beispielsweise aus Vermietung und Verpachtung) verrechnet werden.

Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis – der Veräußerungsfreibetrag

Der Veräußerungsgewinn im Sinne des § 18 Absatz 3 EStG ist unter bestimmten Voraussetzungen bis zu einer Höhe von 45.000,00 Euro (= Veräußerungs-Freibetrag) steuerfrei.

Der Veräußerungs-Freibetrag ist in § 16 Abs. 4 EStG geregelt und an folgende Voraussetzungen zum Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs der Praxis geknüpft:

  • der Praxisinhaber oder die Praxisinhaberin hat das 55. Lebensjahr vollendet oder
  • ist wegen dauernder Berufsunfähigkeit nicht in der Lage, die Praxis fortzuführen.

Da es sich um einen Freibetrag handelt, ist ein gegebenenfalls überschreitender Betrag steuerpflichtig.

Beispiel:

Veräußerungsgewinn 75.000,00 Euro
– Freibetrag 45.000,00 Euro
= steuerpflichtige Einkünfte 30.000,00 Euro

Bis zu einem Karenzbetrag in Höhe von 136.000,00 Euro wird der Freibetrag sukzessive abgeschmolzen. Dies bedeutet, dass es ab einem Veräußerungsgewinn in Höhe von 136.001,00 Euro keinen Veräußerungsfreibetrag mehr gibt.
Der Freibetrag wird Ihnen nur einmal im Leben gewährt. Sie müssen ihn ausdrücklich beim Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuererklärung beantragen.

Steuertarif-Ermäßigung nach § 34 EStG:

Für den Freibetrag gegebenenfalls übersteigenden Betrag kann zusätzlich eine Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG beantragt werden.
In diesem Fall wird der übersteigende Veräußerungsgewinn nicht mit dem „normalen“ persönlichen Steuersatz, sondern mit einem ermäßigten Steuersatz von 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes (mindestens jedoch mit 14 Prozent) versteuert. Umgangssprachlich ist diese Ermäßigung auch als „halber Steuersatz“ bekannt. Sie wird bis zu einem Betrag von maximal fünf Millionen Euro gewährt. Die Ermäßigung müssen Sie ebenfalls aktiv im Rahmen der Einkommensteuererklärung beantragen. Auch dieser Antrag eird Ihnen nur einmal im Leben gewährt.

Auch die Steuertarif-Ermäßigung ist an folgende Voraussetzungen gebunden:

  • Praxisinhaber:in hat das 55. Lebensjahr vollendet oder
  • ist wegen dauernder Berufsunfähigkeit nicht in der Lage, die Praxis fortzuführen.

Alternativ kann gemäß Paragraph 34 Absatz 1 EStG diesbezüglich auch die sogenannte „Fünftel-Regelung“ (Verteilung eines einmaligen steuerlichen Einkommens auf fiktiv fünf Jahre verteilt) beantragt werden, da es sich bei dem Veräußerungsgewinn um außerordentliche Einkünfte handelt. Allerdings wirkt sich die Fünftel-Regelung in vielen Fällen steuerlich nicht aus.
Sowohl der Veräußerungsfreibetrag als auch die Steuertarif-Ermäßigung nach § 34 EStG sollen dazu beitragen, dass der durch die Praxisveräußerung erzielte Verkaufspreis zur Altersabsicherung des Praxisinhabers beziehungsweise der Praxisinhaberin verwendet werden kann.
Beide Begünstigungen können Sie unabhängig voneinander beantragen. Liegt der Veräußerungsgewinn beispielsweise bei 250.000,00 Euro, greift zwar nicht mehr der Veräußerungsfreibetrag. Dennoch können Sie den „halben Steuersatz“ beantragen.

Was Sie bei dem Veräußerungsfreibetrag und der Steuerermäßigung nach Paragraph 34 EStG beachten müssen:

  • endgültige Einstellung der Tätigkeit,
  • Veräußerung sämtlicher wesentlicher Praxisgrundlagen (Praxisräume, Vertragsarztzulassung, Patientenstamm und so weiter) beziehungsweise Überführung in das Privatvermögen im Falle der Praxisaufgabe.

Beachten Sie diese Punkte nicht, droht Ihnen eine rückwirkende Versagung des Veräußerungs-Freibetrags sowie der Steuertarif-Ermäßigung nach § 34 EStG.
Sowohl die Beantragung des Veräußerungsfreibetrags als auch der Steuertarif-Ermäßigung sollte gut durchdacht werden, da die Antragstellung nur einmal im Leben erfolgen darf.

Verkauf oder Aufgabe einer Arztpraxis und eine spätere Tätigkeit im Medizinbereich

Nach erfolgter Praxisveräußerung beziehungsweise -aufgabe kann nach Ablauf einer gewissen Karenzzeit wieder eine freiberufliche Tätigkeit als Arzt (beispielsweise in Form einer eigenen Praxis) aufgenommen werden. Wie lange diese Karenzzeit dauern muss, ist höchstrichterlich nicht geklärt und einzelfallabhängig.
In Hinblick auf einen beantragten Veräußerungsfreibetrag und / oder eine beantragte Steuerermäßigung sind folgende Tätigkeiten nach erfolgter Praxisveräußerung/ -aufgabe nicht schädlich:

  • Anstellungsverhältnis beim neuen Praxisinhaber beziehungsweise -inhaberin (beispielsweise überleitende Funktion).
  • Ausübung einer geringen freiberuflichen Tätigkeit (Erzielung von weniger als zehn Prozent der zuvor erzielten Umsätze; auch die Behandlung von neuen Patienten ist unschädlich).
  • Ausübung einer anderen freiberuflichen, nicht mehr praktizierenden Tätigkeit (beispielsweise Anfertigung von Gutachten).

Somit schließt eine Praxisveräußerung oder Praxisaufgabe, verbunden mit der Beantragung eines Veräußerungs-Freibetrags und / oder der Steuerermäßigung nach § 34 EStG nicht unbedingt eine vollständige Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit als Arzt oder Ärztin aus.

Unsere Einschätzung

Eine Praxisaufgabe oder -veräußerung ist ein wichtiger Schritt, den Sie im Vorfeld gut durchdacht und insbesondere hinsichtlich steuerlicher Gesichtspunkte vorausschauend plenen müssen. Dabei müssen Sie eine Vielzahl an Punkten beachten, um steuerliche Vorteile zu erhalten. Daher sollten Sie rechtzeitig einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin hinzuziehen.

Sprechen Sie uns bei Bedarf gerne jederzeit an!

 

Stefanie Anders

Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin Gesundheitswesen (IBG/ HS Bremerhaven), Fachberaterin für Controlling und Finanzwirtschaft (DStV e.V.)

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