5. Februar 2021

Was Unternehmer:innen bei der Existenzgründung steuerlich beachten sollten

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Eine Existenzgründung kann entweder als Neugründung („Start auf der grünen Wiese“) oder per Unternehmensnachfolge (Erwerb eines Unternehmens) erfolgen. Wenn es soweit ist, müssen gerade in der Anfangszeit eine Vielzahl an Themen beachtet und viele wichtige Entscheidungen getroffen werden. In unserem nachfolgenden Beitrag haben wir für Sie die wichtigsten Punkte einmal zusammengefasst und erläutern, was Unternehmer:innen bei der Existenzgründung steuerlich beachten sollten.

Bei der Existenzgründung steuerlich beachten: der Unterschied von Gewerbebetrieb und freiberuflicher Tätigkeit

Zunächst einmal müssen Unternehmer:innen prüfen, ob sie eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben. Die Abgrenzung ist in vielen Fällen nicht ganz einfach. Daher sollte hier unbedingt ein Steuerberater beauftragt werden.

  • Einstufung als Gewerbebetrieb kann hinreichende Folgen haben:
  • Gewerbetreibende müssen ein Gewerbe anmelden – Freiberufler hingegen nicht; sie müssen sich lediglich beim Finanzamt anmelden (§ 138 Abs. 1 AO) und dort eine Steuernummer beantragen.
  • Gewerbetreibende unterliegen der Gewerbesteuer – Freiberufler nicht.
  • Gewerbetreibende (ausgenommen Reisegewerbetreibende) sind Pflichtmitglied in der IHK und müssen entsprechende Mitgliedsbeiträge zahlen.

– Freiberufler:innen können ihren Gewinn (unabhängig von der Höhe ihres Gewinns) im Rahmen einer „Einnahme-Überschuss-Rechnung“ (= vereinfachte Gewinnermittlung) ermitteln. Gewerbetreibende sind zur Bilanzierung verpflichtet (Ausnahme bei Einzelunternehmen, wenn die Umsätze unter EUR 600.000,00 und der Gewinn unter EUR 60.000,00 p.a. liegen).

Definition Gewerbebetrieb

15 Abs. 2 EStG definiert einen Gewerbebetrieb so, dass jede oder jeder, der nicht freiberuflich tätig ist, oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, gewerblich tätig ist.

Voraussetzungen und Merkmale eines Gewerbebetriebs

  • Tätigkeit wird selbständig ausgeübt (eigenverantwortliches Handeln, keine Weisungsgebundenheit).
  • Nachhaltigkeit: Die Tätigkeit muss dauerhaft und langfristig auf eine Gewinnerzielungsabsicht ausgerichtet sein.
  • Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr (z.B. Lieferung von Waren und Handel)

Gewerbetreibende sind beispielsweise:

  • Handwerker:innen
  • Händler:innen
  • Gastronom:innen
  • Handelsvertreter:innen

Definition Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

Der § 18 Abs. 1 EStG enthält eine abschließende Aufzählung aller Freiberufler.

Hierzu zählen unter anderem

  • Ärzt:innen, Zahnärzt:innen, Tierärzt:innen
  • Rechtsanwält:innen, Steuerberater:innen
  • Ingenieur:innen
  • Architekt:innen
  • Heilpraktiker:innen
  • Krankengymnast:innen
  • Dolmetscher:innen, Übersetzer:innen

Freiberufler führen ihre Tätigkeiten persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig aus. Hierbei ist es unerheblich, wenn sie sich dafür fachlich vorgebildeten Personals bedienen.

Bei der Existenzgründung steuerlich beachten: die Gewerbeanmeldung

Die Gewerbeanmeldung ist in § 14 GewO geregelt. Die Gewerbeanmeldung

  • ist bei dem örtlich zuständigen Gewerbeamt vorzunehmen (bei vielen Gewerbeämtern ist dies mittlerweile online möglich),
  • sollte möglichst zeitnah erfolgen, da bei verspäteter Anmeldung eines Gewerbes die Festsetzung eines Bußgelds droht und
  • muss unabhängig davon vorgenommen werden, ob es sich um ein Haupt- oder Nebengewerbe handelt.

Fragebogen zur steuerlichen Erfassung

Früher haben Gewerbetreibende automatisch nach der Gewerbeanmeldung beziehungsweise Freiberufler nach der Anmeldung ihrer Selbständigkeit beim Finanzamt einen sogenannten „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ durch das Finanzamt zugeschickt bekommen.

Seit einiger Zeit ist der Steuerpflichtige nun per Gesetz dazu verpflichtet, den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung innerhalb eines Monats nach Betriebseröffnung beziehungsweise Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit beim Finanzamt einzureichen. Eine vorherige Aufforderung durch das Finanzamt ist dafür nicht erforderlich.

In dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung müssen Unternehmer:innen diverse Angaben machen. So zum Beispiel:

  • zu sich selbst,
  • dem Unternehmen,
  • zur Gewinnermittlungsmethode,
  • zu den voraussichtlichen Umsätzen beziehungsweise,
  • zum voraussichtlichen Gewinn im Jahr der Gründung und im Folgejahr sowie
  • zur umsatzsteuerlichen Behandlung.

Auf Basis dieser Angaben wird das Finanzamt eventuell bereits vierteljährliche Steuervorauszahlungen festsetzen.

Die Angaben im Fragebogen sollten Unternehmer:innen gut durchdenken. Es macht daher Sinn, einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin damit zu beauftragen.

Beachtet werden sollte auch, dass eine Steuernummer erst vergeben wird, wenn der Fragebogen zur steuerlichen Erfassung abgegeben wurde. Nicht selten dauert die Bearbeitung des Fragebogens beim Finanzamt ein paar Wochen. Da Unternehmer:innen die Steuernummer jedoch benötigen, um Rechnungen an Kund:innen zu schreiben, sollten Unternehmer:innen den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung möglichst unmittelbar nach Aufnahme der gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit beim Finanzamt einreichen.

Welche Steuern muss ich als Selbständige:r zahlen?

Je nach Rechtsform und Einkünfte-Art (Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder Einkünfte aus selbständiger Arbeit) können folgende Steuern anfallen:

  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer
  • Gewerbesteuer
  • Umsatzsteuer (Ausnahmen: Umsatzsteuer-Befreiung oder Kleinunternehmer-Regelung)

Bemessungsgrundlage für die verschiedenen Steuerarten sind entweder die Umsatzerlöse oder der im gesamten Jahr erzielte Gewinn.

Bei der Existenzgründung steuerlich beachten: Durch die Standortwahl des Unternehmens Geld bei der Gewerbesteuer sparen

Gewerbetreibende müssen an die jeweilige Gemeinde, in der das Unternehmen seinen Standort hat, Gewerbesteuer entrichten. Der Gewerbesteuerhebesatz, mit dem die Höhe der Gewerbesteuer final ermittelt wird, ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich:

  • NRW: durchschnittlich 450 Prozent (Düsseldorf: 440 Prozent, Köln: 475 Prozent und Langenfeld: 299 Prozent)
  • Bayern: durchschnittlich 375 Prozent (München: 490 Prozent)
  • Berlin: 410 Prozent

Der Mindest-Hebesatz liegt bei 200 Prozent. Gemeinden oder Städte mit niedrigen Gewerbesteuer-Hebesätzen sind unter anderem Leverkusen (250 Prozent), Monheim am Rhein (250 Prozent) und Walldorf (265 Prozent).

Dieser Faktor sollte bei der Standortwahl des Unternehmens daher nicht außer Acht gelassen werden.

Dieser Tipp ist insbesondere für Kapitalgesellschaften interessant. Einzelunternehmer:innen und Gesellschafter:innen einer gewerblichen Personengesellschaft erhalten hingegen in der Regel einen Großteil der für das Unternehmen geleisteten Gewerbesteuer auf ihre persönliche Einkommensteuer angerechnet.

Umsatzsteuer

  • Unternehmer:innen müssen auf Umsätze (beispielsweise Warenverkäufe oder erbrachte Dienstleistungen), die er oder sie im Inland erbringt, Umsatzsteuer erheben und diese an das Finanzamt abführen.
  •  Steuersätze: Der Regelsteuersatz liegt derzeit bei 19 Prozent und der ermäßigte Steuersatz bei sieben Prozent.
  • Bestimmte Umsätze (beispielsweise im Heilberufebereich oder auch gegenüber ausländischen Unternehmern erbrachte Lieferungen oder Dienstleistungen) sind kraft Gesetz von der Umsatzsteuer befreit.
  • Die Umsatzsteuer, die in den Eingangsrechnungen von Lieferanten enthalten ist, können Unternehmer:innen als sogenannte „Vorsteuer“ mit der Umsatzsteuer, die er oder sie auf seine Umsätze erhebt, verrechnen. Es muss daher nur der verbleibende Restsaldo an Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden.
  • Die Umsatzsteuerzahllast muss durch den oder die Steuerpflichtige(n) beziehungsweise dessen oder deren Steuerberater:in selbst ermittelt und an das Finanzamt angemeldet werden (sogenannte „Umsatzsteuervoranmeldung“).
  • Der Abgabezeitraum für die Umsatzsteuervoranmeldungen ist grundsätzlich das Kalendervierteljahr. Liegt die Umsatzsteuerzahllast im Vorjahr insgesamt bei über 7.500,00 Euro, müssen im Folgejahr monatlich Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben werden.
  • Dieser Grundsatz gilt ab 2021 auch für Existenzgründer:innen. Das heißt, sofern die voraussichtliche Umsatzsteuerschuld im Gründungsjahr unter 7.500,00 Euro liegt, können sie ihre Umsatzsteuervoranmeldungen auch vierteljährlich abgeben. Bisher mussten Existenzgründer:innen im Jahr der Gründung und im Folgejahr immer monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben.

Übersicht: erste Schritte bei der Existenzgründung

Folgende erste Schritte sollten bei einem Gründungsvorhaben mit bedacht werden:

  • Geeignete Rechtsform für das Unternehmen wählen: bei den Überlegungen sollten unbedingt auch ein:e Steuerberater:in und eine Rechtsanwältin beziehungsweise ein Rechtsanwalt mit einbezogen werden.
  • Prüfung Existenzgründungshilfen / Förderungen (beispielsweise Existenzgründungszuschüsse oder KfW-Darlehen).
  • Ist die Geschäftsidee erfolgversprechend? Das sollten Unternehmer:innen durch eine:n Dritte:n prüfen lassen. Denn es kann sein, dass man von seinem Gründungsvorhaben so überzeugt ist, ein fremder Dritter oder eine fremde Dritte das Vorhaben jedoch als wenig erfolgreich eingeschätzt.  Das könnte beispielsweise aufgrund zu hoher Konkurrenz in dem Bereich der Fall sein.
  • Ermittlung und Beantragung von notwendigem Startkapital (für Materialen, Büroausstattung, etc.). Für die ersten Monate, in denen das Geschäft noch aufgebaut werden muss, sollte auch an den Kapitalbedarf zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts gedacht werden.
  • Erstellung Business- beziehungsweise Finanzplan.
  • Zulässigkeit des Firmennamens prüfen lassen (Namensgebung ist abhängig von der Rechtsform des Unternehmens).
  • Eventuell Marke eintragen lassen.
  • Geschäftskonto einrichten.
  • Rechtzeitig um geeignete Software kümmern.
  • Je nach Rechtsformwahl der Unternehmensgründung ist ein:e Notar:in für die Gründung erforderlich.
  • Gewerbeanmeldung.
  • Bei Handwerksbetrieben: Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich.
  • Rechtzeitig Versicherungen für das Unternehmen abschließen.
  • Prüfen, ob gegebenenfalls eine besondere Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich ist beispielsweise im Bereich der Finanzdienstleistung).
  • Private Versicherungen des oder der Selbständigen / der Firmeninhaberin oder des Firmeninhabers. Hier gibt es die Wahl zwischen der freiwillig gesetzlichen oder privaten KV / PV. Außerdem gegebenenfalls freiwillige Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, private Altersvorsorge (eventuell Pflichtversicherung Deutsche Rentenversicherung, beispielsweise bei Hebammen oder privaten Lehrerinnen und Lehrern).
  • Anmeldung zur Berufsgenossenschaft.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei den oben genannten Punkten um keine abschließende Aufzählung handelt.

Bei der Existenzgründung steuerlich beachten – unser Fazit

Die Existenzgründung ist für viele Menschen ein  oftmals einmaliger und großer Schritt. Viele Entscheidungen, die in dieser Zeit getroffen werden, sollten deshalb besonders durchdacht werden. Zudem ist die Selbständigkeit mit vielen Pflichten und Formalitäten verbunden, die Unternehmer:innen nicht unterschätzen sollten.

Es empfiehlt sich zudem, direkt von Anfang an eine:n Steuerberater:in mit ins Boot zu holen.

Wenn Sie beabsichtigen sollten, sich selbständig zu machen, können Sie sich gerne bei uns melden. Wir stehen Ihnen gerne in dieser spannenden Phase und auch darüber hinaus mit Rat und Tat zur Seite.

 

 

Stefanie Anders

Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin Gesundheitswesen (IBG/ HS Bremerhaven), Fachberaterin für Controlling und Finanzwirtschaft (DStV e.V.)

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