15. Januar 2021

Beihilferechtliche Problematik der Corona-Hilfen: Bund beantwortet Fragen zur Fixkostenhilfe 2020

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Der Bund veröffentlicht neue Informationen zur beihilferechtlichen Problematik bei der Überbrückungshilfe 2 und 3. Wir haben Sie bereits im Dezember 2020 auf beihilferechtlichen Problematiken bei der Überbrückungshilfe 2 und 3  hingewiesen. Die Problematik entstand durch das neue Beihilferecht. Nun hat der Bund sich in  FAQ zum neuen Beihilferecht in der Corona-Krise geäußert. Allerdings sind aus Sicht vieler Expertinnen und Experten weiterhin zu viele Fragen offen geblieben. Die offenen Fragen haben wir in einem eigenen Beitrag zusammengetragen. Den werden wir sukzessive ergänzen. Auch wenn es jetzt kompliziert wird, finden Sie hier alle neuen Informationen in einer hoffentlich verständlichen Übersicht. Der Bund hat die Antragsfristen der Überbrückungshilfe 2 auf den 31.03.2021 sowie der November- und der Dezemberhilfe jeweils auf den 30.04.2021 verlängert. Das ist erfreulich.

Grundsätzliche Problematik des neuen Beihilferechts „Fixkosten 2020”

Bisher war die Überbrückungshilfe so konzipiert, dass Unternehmen zur Beantragung der Überbrückungshilfe 2 Umsatzeinbrüche nachweisen mussten. Das ist auch bei der Überbrückungshilfe 3 so vorgesehen. Ausgehend von der Höhe der Umsatzeinbrüche sollten fest definierte Fixkosten in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes förderfähig sein.

Das ist nun aber anders.

Jetzt müssen Unternehmen im Leistungszeitraum tatsächlich einen Verlust erlitten haben. Das ist wie ein Liquiditätsengpass, den wir von der Soforthilfe bereits kennen.  Dieser Verlust muss aufwändig ermittelt und über eine (komplexe) Nebenrechnung nachgewiesen werden.

Die Überbrückungshilfen 2 und 3 sind dann auf die ungedeckten Fixkosten beschränkt. Bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen auf 90 Prozent, bei großen Unternehmen auf 70 Prozent dieser zu ermittelnden ungedeckten Fixkosten. Problematisch: Diese Änderungen gelten auch rückwirkend für bereits beantragte und ausgezahlte Überbrückungshilfen der Phase 2. Das wird dazu führen, dass eine Vielzahl von Unternehmen die Überbrückungshilfe 2 vollständig oder teilweise wieder zurückzahlen müssen.

Alle Anträge nach dem neuen Beihilferecht neu stellen?

Nein, aber sie müssen korrigiert werden. Anträge auf Überbrückungshilfe 2, die vor dem 5. Dezember 2020 eingegangen sind, müssen nicht geändert werden, wenn keine Verluste erzielt wurden. Die Korrektur wird dann im Rahmen der Schlussrechnung erfolgen, so die FAQ zur Überbrückungshilfe 2. Allerdings besteht dann ein Problem in der technischen Infrastruktur, denn bislang bietet das Antragsportal keine Änderungsfunktion (sic). Unserer Ansicht nach müssen die Änderungen schriftlich erfolgen. Ob auch in diesen Fällen auf die Schlussrechnung gewartet werden darf, ist äußerst zweifelhaft.

Beihilferechtliche Problematik der Corona-Hilfen: Wie viele Anträge müssen überarbeitet werden?

Genau lässt sich das nicht sagen. Der Deutsche Steuerberaterverband rechnet damit, dass  80 bis 90 Prozent der bereits eingereichten Anträge überarbeitet werden müssen. Neben hoher Arbeitsbelastung für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer als prüfende Dritte führt das bei Unternehmen zu höheren Kosten.

Diese Förderhöchstgrenzen gelten nach dem Beihilferecht für die Überbrückungshilfen 2 und 3

Die maximale Förderhöhe der Überbrückungshilfen 2 und 3 liegt bei drei Millionen Euro pro Unternehmen oder Unternehmensverbund. Grundlage ist die Bundesregelung „Fixkostenhilfe 2020”. Die Obergrenze darf natürlich noch nicht durch andere Corona-Hilfen ausgeschöpft worden sein.

Beihilferechtliche Problematik der Corona-Hilfen: Wie ungedeckte Fixkosten ermitteln?

In einer sehr vereinfachten Darstellung sieht die Ermittlung der ungedeckten Fixkosten so aus:

Ergebnis lt. BWA/Gewinnermittlung

plus außerplanmäßige Abschreibungen/einmalige Wertminderungen

plus weitere Beihilfen (sofern nicht im Ergebnis berücksichtigt)

minus fiktiver Unternehmerlohn (gedeckelt)

minus fiktive mtl. Tilgungen (gedeckelt auf die Höhe der steuerlichen Abschreibungen)

minus weitere förderfähige Kosten

= ungedeckte Fixkosten

Sie haben beim Ermitteln des Ergebnisses ein Wahlrecht. Sie können das Jahresergebnis ermitteln und dann durch 12 teilen, oder Sie legen die tatsächlichen monatlichen Werte gemäß Buchhaltung zugrunde. Wir bevorzugen die letzte Variante.

Die Ergebnisermittlung umfasst also auch Kosten, die im Rahmen der Überbrückungshilfe 2 nicht förderfähig sind, zum Beispiel laufende Kfz-Kosten. Zu den Kosten zählen auch durch andere Fördermaßnahmen nicht gedeckte Personalkosten, also Personalkosten ohne Kurzarbeitergeldbezug, und Geschäftsführergehälter.

Ein fiktiver Unternehmerlohn kann bei Unternehmen (egal welcher Rechtsform) und Soloselbständigen, die kein Geschäftsführergehalt in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen, bis zur Höhe der gesetzlichen Pfändungsfreigrenze als Fixkosten angerechnet werden. Für eine alleinstehende Person ohne Unterhaltsverpflichtung würde dies einen Unternehmerlohn von 1.179,99 Euro bedeuten. Was zum Beispiel mit (fiktiven) Sozialversicherungsbeiträgen oder dem (fiktiven) Lohnsteuerabzug ist, ist bislang ungeklärt.

Bei der Ermittlung der ungedeckten Fixkosten sind sämtliche Kosten, die durch die Überbrückungshilfe 2 förderfähig sind, den Fixkosten gleichgestellt. Solche Kosten dürfen auch dann bei der Ermittlung der ungedeckten Fixkosten berücksichtigt werden, wenn sie üblicherweise nicht Teil einer steuerlichen Gewinn- und Verlustrechnung oder einer handelsüblichen Ausweisung der Gewinne und Verluste sind. Damit sind natürlich die ausgefallenen Margen oder Provisionen der Reisebranche gemeint. Auch das Honorar der prüfenden Dritten für die Antragstellung sowie weitergehende Personalkosten sind davon betroffen.

Als ungedeckte Fixkosten gelten in Summe alle Fixkosten, die im beihilfefähigen Zeitraum weder durch den Deckungsbetrag aus Einnahmen (d.h. Differenz aus Erlösen und Variablen Kosten) noch durch anderweitige Quellen gedeckt sind.

Was gilt als anderweitige Quelle? 

  • andere Beihilfen wie die Soforthilfe, die Überbrückungshilfe 1 oder die  November-/Dezemberhilfe,
  • das Kurzarbeitergeld oder
  • gewährte (bestimmte) KfW-Kredite oder
  • Versicherungserstattungen.

Die erhaltenen weiteren Hilfen müssen Sie als Einnahme berücksichtigen. Auch hier haben Sie die Wahl zur Optimierung der Ermittlung ungedeckter Fixkosten. Entweder Sie berücksichtigen die erhaltenen Hilfen zum Zeitpunkt der Auszahlung oder Sie folgen den einzelnen Leistungszeiträumen, für die ihnen Hilfen gewährt werden.

Das bedeutet variable Obergrenze?

Als maximale Förderhöhe werden die bereinigten Verluste eines Unternehmens im Beihilfezeitraum angesehen – und dies ist die eingetretene Neuerung – eine zusätzliche variable Obergrenze, die vom jeweiligen Einzelfall abhängig ist!

Die bereinigten Verluste basieren grundsätzlich auf der handelsrechtlichen oder steuerrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung. Das die Ermittlung der Verluste korrekt ist, muss ein prüfender Dritter überprüfen und bestätigen. Für uns Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer bedeutet das, dass wir BWA-Ergebnisse nur berücksichtigen können, wenn wir die Buchhaltung selbst erstellt haben. Alternativ muss mindestens ein anderer Steuerberater mit Unterschrift und Stempel die BWA bestätigen.

Für alles, was zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Zukunft liegt, legen Sie Prognosen zugrunde. Bei prognostizierten Werten müssen Sie eine Schlussrechnung mit den IST-Werten aufmachen. Haben Sie die maximale Förderhöhe überschritten, dürfen Sie keinen Antrag auf Überbrückungshilfe 2 stellen. Dann müssen Sie auch bereits ausgezahlte Hilfen wieder zurückzahlen.

So wirkt sich die neue Regelung zur Überbrückungshilfe 2 in der Praxis aus

Beihilferechtlich besteht kein Anspruch auf Überbrückungshilfe 2, wenn der bereinigte Gewinn bei mindestens 0,00 Euro liegt. Entsteht ein bereinigter Verlust, ist die Höhe der Überbrückungshilfe 2 auf 70 Prozent oder 90 Prozent dieses Verlustes beschränkt.

Hier einige Berechnungsbeispiele zur Klarstellung der Wirkungsweise:

  • Verlust: 15.000 Euro;
    berechneter Anspruch auf Überbrückungshilfe 2: 6.000 Euro;
    Auszahlung Hilfen: 6.000 Euro
  • Verlust: 5.000 Euro;
    berechneter Anspruch auf Überbrückungshilfe 2: 15.000 Euro;
    Auszahlung Hilfen: 70 Prozent oder 90 Prozent von 5.000 Euro
  • Gewinn: 1.000 Euro;
    berechneter Anspruch auf Überbrückungshilfe 2: 6.000 Euro;
    Auszahlung Hilfen: 0 Euro (kein Anspruch auf Überbrückungshilfe 2)

Unsere Einschätzung zur beihilferechtliche Problematik der Corona-Hilfen

Machen wir uns nichts vor, die Antragstellung durch das neue Beihilferecht ist noch einmal komplizierter und aufwändiger geworden. Auch wir Berater stehen aufgrund der mangelhaften Informationslage vor vielen Fragen. Dennoch unternehmen wir alles in unserer Macht stehende, um Unternehmen, die von der Krise betroffenen sind, zu helfen. Aber wir sind und bleiben auch an alle rechtlichen sowie berufsständischen Vorgaben gebunden.

Dass viele Fragen offen sind, ist das eine. Es fehlt auch ganz praktisch an einer verbindlichen Hilfestellung oder einem Tool, das das korrekte Zusammenwirken der Förderprogramme berücksichtigt. Das gilt besonders für das Thema Verlustberücksichtigung. Auch wir müssen abwarten, bis uns das BMWi oder die Berufsstände weiterhelfen.

Dennoch gilt: Wir suchen gemeinsam mit Ihnen nach Lösungen. Für Anträge auf Überbrückungshilfe haben wir nun bis zum 31. März 2021 Zeit.

Wir halten Sie hier über die Entwicklungen weiter auf dem Laufenden. Haben Sie Fragen oder Anmerkungen, setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung.

 

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Expert:innen zu diesem Thema

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