1. Dezember 2020

Gestaltungsmöglichkeiten in der handelsrechtlichen Bilanz

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Das Handelsgesetzbuch (HGB) lässt wenig Spielraum für Gestaltungsmöglichkeiten. Die Vorschriften legen klar fest, was und wie zu bilanzieren ist. Dies ist im Interesse der Adressaten, die auf die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen Wert legen. Denn nur so können sie Unternehmen und deren Performance gegenüberstellen. Darüber hinaus liegt den handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften nach wie vor der Grundgedanke des Gläubigerschutzes und das damit verbundene Vorsichtsprinzip zugrunde. Dennoch gibt es einige Gestaltungsmöglichkeiten in der handelsrechtlichen Bilanz, die wir Ihnen in unserem Beitrag einmal vorstellen möchten.

Stetigkeitsgebot in der handelsrechtlichen Bilanz

Es gibt eine Reihe von Bilanzierungswahlrechten, die es dem Rechnungslegenden ermöglichen, das bilanzielle Bild seines Unternehmens in einem engen und transparenten Rahmen zu beeinflussen. Wer solche Maßnahmen ergreift, muss bedenken, dass das Stetigkeitsgebot vorsieht, dass Wahlrechte im Zeitablauf einheitlich ausgeübt werden müssen. Das bedeutet, dass eine einmal getroffene Entscheidung zur Ausübung eines Wahlrechts nicht oder nur unter Angabe von Gründen geändert werden kann.

Im Folgenden finden Sie vier Gestaltungsmöglichkeiten.

Selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände in der handelsrechtlichen Bilanz

Gemäß § 248 Abs. 2 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) dürfen selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens als Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden. Das Gesetz definiert allerdings in Satz 2, welche Vermögensgegenstände nicht dazu zählen. Dies sind

  • selbst geschaffene Marken,
  • Drucktitel,
  • Verlagsrechte,
  • Kundenlisten
  • oder vergleichbare Vermögensgegenstände.

Dies bedeutet, dass beispielsweise Entwicklungsaufwendungen für neue Produkte oder Verfahren aktiviert werden können. Hierzu sind allerdings organisatorische Vorkehrungen zu treffen. So muss ein Unternehmen eine interne Kostenträgerrechnung implementieren. Sie muss die Aufwände erfassen. Die Werthaltigkeit der Bilanzansätze ist jährlich zu überprüfen. So werden Abschreibungen fällig, sobald sich herausstellen sollte, dass die Entwicklung nicht werthaltig ist. Das passiert, wenn beispielsweise bestimmte technische Lösungen nicht wie gedacht funktionieren oder der Markt ein Produkt nicht (mehr) nachfragt. Sobald die Entwicklung abgeschlossen ist, ist der Vermögensgegenstand über seine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben.

Grundsätzlich bietet die Aktivierung selbsterstellter immaterieller Vermögensgegenstände die Möglichkeit, die Bilanz zu verlängern und das Jahresergebnis zu verbessern. Darüber hinaus bildet ein Unternehmen hierdurch seine Entwicklungsdaten auch in der Bilanz ab. Das kann gewisse Vorteile in der Unternehmenskommunikation liefern.

Es ist jedoch zu beachten, dass in Höhe der aktivierten Aufwendungen eine Ausschüttungssperre besteht. Der erhöhte Jahresüberschuss, darf in dieser Höhe also nicht an die Anteilseigner ausgeschüttet werden.

Aktive latente Steuern in der handelsrechtlichen Bilanz

§ 274 Handelsgesetzbuch (HGB) eröffnet die Möglichkeit, aktive latente Steuern in der Bilanz anzusetzen. Die können sich ergeben, wenn die Bewertung in der Steuerbilanz von der handelsrechtlichen abweicht und sich hieraus eine steuerliche Entlastung in späteren Jahren ergibt, wenn sich die Differenzen abbauen.

Die Vorschrift ermöglicht auch die Aktivierung latenter Steuern auf steuerliche Verlustvorträge. Das funktioniert allerdings nur solange diese in den nächsten fünf Jahren in Anspruch genommen werden. Konkret heißt das, dass entsprechende Erträge hinreichend sicher planbar sein müssen, um diese Möglichkeit der bilanziellen Gestaltung nutzen zu können. Auch hier gilt die Ausschüttungssperre, die eine Ausschüttung von Gewinnen aufgrund der Erfassung aktiver latenter Steuern in der Handelsbilanz verbietet.

Saldierung von Vorräten und geleisteten Anzahlungen in der handelsrechtlichen Bilanz

§ 268 Abs. 5 Satz HGB gestattet, die erhaltenen Anzahlungen wahlweise auf der Passivseite unter den Verbindlichkeiten auszuweisen oder offen von den Vorräten abzusetzen. Hierdurch können Sie die Bilanz wahlweise verkürzen oder verlängern. Das wirkt sich auf bilanzielle Kennzahlen wie die Eigenkapitalquote aus.

Bewertungswahlrechte bei Vorräten in der handelsrechtlichen Bilanz

Gem. § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB dürfen bei der Kalkulation der Herstellungskosten angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Das bedeutet, dass hinsichtlich der Höhe der in der Bilanz ausgewiesenen unfertigen und fertigen Erzeugnisse ein Spielraum für einen höheren oder niedrigeren Bewertungsansatz besteht.

Die Gestaltungsmöglichkeiten in der handelsrechtlichen Bilanz und unsere Einschätzung dazu

Das Handelsgesetzbuch bietet in einem stark reglementierten Rahmen die Möglichkeit das bilanzielle Bild eines Unternehmens in gewissem Maße zu beeinflussen. Bei der Entscheidung darüber, ob und wie Sie diese Möglichkeiten nutzen, sollte Sie sich immer über die Konsequenzen im Klaren sein, da Sie eine einmal getroffene Entscheidung nur schwer revidieren können.

Wir empfehlen daher die Unternehmensplanung im Hinblick auf das bilanzielle Bild für die kommenden Jahre immer im Blick zu haben, um unerwünschte Effekte wie Abschreibungen auf selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände oder die unerwünschte Auflösung aktiver latenter Steuern zu vermeiden.

Wenn Sie Fragen zu Gestaltungsmöglichkeiten in der handelsrechtlichen Bilanz haben, kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

 

Thilo Marenbach

Partner, Vorstand, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sustainability Auditor

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