30. November 2020

Worauf Sie bei der Rückkehr zu den alten Umsatzsteuersätzen achten sollten

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Die Absenkung der Umsatzsteuersätze (oder auch Mehrwertsteuersätze für Endverbraucher:innen) zum 01. Juli 2020 im Rahmen des 2. Corona-Steuerhilfegesetzes führte in der Praxis zu großen Problemen. Sowohl bei der technischen wie der fachlichen Umsetzung. Sie erfahren, worauf Sie bei der Rückkehr zu den alten Umsatzsteuersätzen achten sollten.

Diesmal konnten wir uns zwar länger auf die Umstellung vorbereiten, dennoch ist vor der Anhebung der Steuersätze auf 7 Prozent beziehungsweise 19 Prozent einiges zu beachten. Wir zeigen Ihnen, wen die Anhebung betrifft und welche Maßnahmen und Überlegungen Sie unbedingt noch vor der Rückkehr zu den alten Umsatzsteuer-Sätzen am 01.01.2021 treffen sollten.

Übersicht über die Steuersatzänderungen durch das Corona-Steuerhilfegesetz

Kurzum ist jeder – egal ob Privatperson oder Unternehmer:in – von der Anhebung der Umsatzsteuersätze beziehungsweise Mehrwertsteuersätze mittelbar oder unmittelbar betroffen. Hier die Übersicht, auch für die besondere Situation in der Gastronomie.

Grundfall

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Sonderfall Gastronomie

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Leistende Unternehmer:innen müssen auf ihren Rechnungen die Umsatzsteuersätze wieder anpassen

Zunächst sind die leistenden Unternehmer:innen gefordert, die umsatzsteuerrechtlich steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen oder Leistungen erbringen. Liegt der umsatzsteuerliche Leistungszeitpunkt nach dem 31.12.2020, gilt für ermäßigt besteuerte Umsätze ein Steuersatz von 7 Prozent und für regelbesteuerte Umsätze ein Steuersatz von 19 Prozent.

Rückkehr zu den alten Umsatzsteuersätzen: Sonderregelung bei der Umsatzsteuer für Gastronomiebetriebe

Seit dem 01. Juli 2020 unterliegen Restaurant- und Verpflegungsleistungen (ausgenommen Getränke) nicht mehr dem Regelsteuersatz, sondern dem ermäßigten Steuersatz. Diese Sonderregelung gilt über den 01.01.2021 hinaus bis zum 30.06.2021. Somit kehren Gastronom:innen zu Beginn des Jahres 2021 nicht gänzlich zur ‚gewohnten‘ Umsatzbesteuerung zurück. Der Grund ist, dass Restaurant- und Verpflegungsleistungen weiterhin ermäßigt besteuert bleiben.

Da sich aber der ermäßigte Steuersatz von 5 Prozent auf 7 Prozent zum 01.01.2021 erhöht, müssen auch Gastronom:innen ihre Leistungen, entsprechend der höheren Umsatzsteuer, unterwerfen. Zum 01.07.2021 wird die Sonderregelung für Restaurant- und Verpflegungsleistungen aufgehoben (Stand heute), wodurch sie erst ab Jahresmitte 2021 wieder mit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent besteuert werden.

Preiserhöhung durch die Rückkehr zu den alten Umsatzsteuersätzen

Für Leistungsempfänger, egal ob Privatpersonen oder Unternehmer:innen, bedeutet die Erhöhung des jeweiligen Umsatzsteuersatzes oder des Mehrwertsteuersatzes regelmäßig eine korrespondierende Erhöhung der Kaufpreise. Diese schlägt besonders bei Privatpersonen und Unternehmer:innen ohne oder mit anteiliger Vorsteuerabzugsberechtigung durch, da sie die Mehrkosten (anteilig) final tragen.

Möglichkeiten zur Nutzung der abgesenkten Steuersätze

Für alle, die nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, lohnt sich die Besteuerung nach den abgesenkten Steuersätzen besonders. In welchen Fällen die abgesenkten und in welchen Fällen die normalen Steuersätze angewendet werden und inwiefern dies gesteuert werden kann, finden Sie hier:

Rückkehr zu den alten Umsatzsteuersätzen: Umsatzsteuer bei Lieferungen?

Bei bewegten Lieferungen (z.B. Wareneinkauf) ist der Lieferzeitpunkt regelmäßig am Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung. Wer einen großen Einkauf plant, sollte noch in diesem Jahr die Bestellung aufgeben. Beachten Sie, dass in diesem Jahr auch die Beförderung / Versendung beginnen muss, um vom abgesenkten Steuersatz zu profitieren.

Welche Umsatzsteuer gilt bei sonstigen Leistungen und Werklieferungen:

Bei sonstigen Leistungen, zum Beispiel Dienstleistungen, bestimmt sich der Leistungszeitpunkt regelmäßig nach dem Tag an dem die Leistung abschließend erbracht wurde. Bei Werklieferungen, zum Beispiel der Herstellung eines Gebäudes, ist dieser regelmäßig der Tag der Abnahme des Gewerks. Wir empfehlen die ausführenden Unternehmer anzusprechen, ob eine Beendigung der erbrachten Leistung bis zum Jahresende möglich ist, damit eine Abrechnung mit 5 Prozent oder 16 Prozent erfolgen kann.

Im Einzelfall kann eine Unterteilung der Gesamtleistung in Teilleistungen sinnvoll sein, um zumindest einen Teil des Gesamtpreises mit dem abgesenkten Steuersatz berechnen zu können. Für das Vorliegen einer Teilleistung muss die Leistung wirtschaftlich und sinnvoll abgrenzbar sein. Außerdem muss eine entsprechende Vereinbarung über die Ausführung der Teilleistungen bestehen, die der Kunde oder die Kundin gesondert abnimmt. Ob eine derartige Gestaltung sinnvoll ist, kann pauschal nicht festgestellt werden.

Rückkehr zu den alten Umsatzsteuersätzen: Welche Umsatzsteuer bei Anzahlungen?

Unternehmer:innen, die Anzahlungen leisten oder vereinnahmen, stehen durch die Steuersatzänderungen häufig vor der Frage, wie ihre Anzahlungs- und Schlussrechnungen zu stellen sind. Zunächst gelten hierbei wieder die aufgezeigten Grundsätze: Ist die (Teil-)Leistung nach dem 31.12.2020 erbracht, gelten die Steuersätze von 7 Prozent und 19 Prozent. Bei Erbringung vor dem Umstellungsstichtag gelten im Umkehrschluss die abgesenkten Steuersätze von 5 Prozent und 16 Prozent.

Bei den erhaltenen bzw. geleisteten Anzahlungen richtet sich der Steuersatz nach dem Zahlungstag der jeweiligen Anzahlungen. Eine Anzahlungsrechnung, die vor dem 01. Januar 2021 ausgestellt wurde, aber erst in 2021 geleistet wurde, ist mit 7 Prozent oder 19 Prozent zu besteuern – achten Sie daher unbedingt auf einen pünktlichen Zahlungseingang und eine pünktliche Bezahlung, um die abgesenkten Steuersätze auf diese Anzahlungen anwenden zu können.

Beachten Sie: Dieser Vorteil schont zwar Ihre Liquidität, wirkt sich aber de facto nicht auf die tatsächlich zu zahlende Umsatzsteuer aus, wenn die Schlussabrechnung erst in 2021 erfolgt. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Gesamtleistung dem aktuell maßgeblichen Steuersatz in der Schlussrechnung unterworfen wird (die geleisteten Anzahlungen sind mit Umsatzsteuer-Ausweis gegenzurechnen). Somit wird letztendlich auf den vollen Rechnungsbetrag 19 Prozent Umsatzsteuer berechnet, wenn die (Teil-)Leistung erst in 2021 erbracht wurde.

Ausnahmen bestätigen die Regel auch bei der Umsatzsteuer: Gutscheine, Dauerleistungen & Co.

Uns ist bewusst, dass im Zusammenhang mit der Erhöhung der Steuersätze viele umsatzsteuerliche Fragen aufgeworfen werden. Die bislang aufgezählten Fälle befassen sich jeweils lediglich mit der gesetzlichen Regelung bei Standardfällen. Die Behandlung von Gutscheinen, Dauerleistungen, Energielieferungen (Strom, Gas, Wärme) etc. unterliegen gegebenenfalls umsatzsteuerlichen Besonderheiten.

Sprechen Sie uns bei Einzelfragen an – wir helfen Ihnen gerne.

Umstellung von Kassen- und IT-Systeme auf die neuen (alten) Umsatzsteuersätze: Frühzeitige Programmierung und Dokumentation sind erforderlich

Sie sollten sich im Voraus auch mit der Neu- und Umprogrammierung Ihrer Kassensysteme beschäftigen. Planen Sie ausreichend Vorbereitungszeit ein und vereinbaren Sie frühzeitig einen Termin mit Ihrem Techniker:in. Dann kann er oder sie das Kassensystem zum Jahreswechsel programmieren. Durch den flächendeckenden Bedarf an Techniker:innen ist es möglich, dass eine kurzfristige Terminvereinbarung im Einzelfall problematisch wird.

Auch Ihre IT-Buchhaltungssysteme sind entsprechend anzupassen. Hierzu gehört insbesondere die Umprogrammierung und die Einrichtung neuer bzw. anderer Finanzbuchhaltungs-Konten (Anpassung des Kontenrahmens). Sprechen Sie daher auch hierfür Ihren EDV-Partner:in oder Software-Anbieter:in an, um eventuelle Terminfindungsprobleme zu vermeiden.

Werden die notwendigen Vorbereitungen nicht rechtzeitig getroffen, kann dies unter Umständen zu Problemen bei der ordnungsgemäßen Kassendokumentation sowie Fehlern in der Buchhaltung und somit zu unerwünschten Komplikationen im Rahmen von Betriebsprüfungen führen.

Rückkehr zu den alten Umsatzsteuersätzen: Erleichterungen für Taxi- und Gastronomiebetriebe 

Grundsätzlich ist die Umstellung der Steuersätze mit Beginn des 01.01.2021 von allen Betrieben umzusetzen. Die Finanzverwaltung beweist im BMF-Schreiben vom 04. November 2020 aber auch ein Gespür für praktische Probleme: Umsätze von Taxi- und Gastronomiebetrieben in der Silvesternacht können mit den abgesenkten Steuersätzen besteuert werden und müssen somit nicht im laufenden Geschäftsbetrieb erfolgen. Gleiches gilt auch für Umsätze durch die Unterbringung von Gästen (Logis) und damit korrespondierenden Leistungen.

Durch die Änderung der Besteuerung von Restaurant- und Verpflegungsleistungen zum 01.07.2021 müssen Gastronom:innen eine zweite Kassenumstellung vornehmen. Treffen Sie auch hierfür möglichst früh die notwendigen Vorbereitungen, um den Umstieg reibungslos zu meistern.

Unsere Einschätzung zur Rückkehr zu den alten Umsatzsteuersätzen

Die Absenkung der Umsatzsteuer zum 01.07.2020 führte zu großen Umsetzungsproblemen in der Praxis, aus denen wir viele Lehren ziehen konnten. Aufgrund der gesammelten Erfahrungen und der längeren Vorlaufzeit, wird die Umstellung zum 01.01.2021 voraussichtlich reibungsloser verlaufen. Einzelfallproblematiken und die Umstellung der Kassen- und IT-Systeme sowie der entsprechenden Dokumentationen sind unseres Erachtens die größten Fehlerquellen. Aber auch diese lassen sich mit guter Vorbereitung und Kommunikation in den Griff bekommen.

Sollten Sie Fragen oder Probleme im Zusammenhang mit der Anhebung der Steuersätze haben, zögern Sie nicht uns zu Fragen. Wir helfen Ihnen gerne.

 

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Nico Kurth

Prokurist, Steuerberater, Bachelor of Arts (Steuerrecht)

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