24. November 2020

Was sich rechtlich im Sportsponsoring in der Corona-Krise ändert

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In der Welt des Sports ist es gängige Praxis, dass Vereine im Rahmen von Werbe- und Kooperationsverträgen Geld im Gegenzug für die Bereitstellung von Werbeflächen verschiedenster Art erhalten. Doch wie wirkt sich die Corona-Krise auf Sportsponsoring aus? Müssen Unternehmen vereinbarte Gelder zahlen? Besteht das Recht auf außerordentliche Kündigung?

Verträge im Sportsponsoring werden in der Regel für ein bis zwei Saisons abgeschlossen. Das Wesen des Sponsorings ist eine Kommunikationsleistung des Sportvereins zur Förderung und Erweiterung der Bekanntheit des Sponsors. Die Werbeleistung kann in diesem Fall in verschiedensten Formen erfolgen. Von Sachleistungen, die das Logo des Sponsors enthalten, über Logos auf Trikots bis zu Werbefilmen und Werbung auf Werbeflächen in Stadien oder Hallen ist alles möglich.

Die vereinbarte Vergütung basiert auf dem erwarteten Werbeerfolg, der stark abhängig von der medialen Präsenz und den Zuschauerzahlen ist. Und hier wird es wegen Geisterspielen juristisch interessant.

Vereinbarte Voraussetzungen des Sportsponsorings durch Corona verändert

Wegen der verhängten hoheitlichen Maßnahmen wurden Spiele abgesagt, Geisterspiele veranstaltet oder in manchen Sportarten die gesamte Saison beendet. Mit fehlenden Zuschauer:innen einher geht die fehlende Wahrnehmung des Sponsorings. Da gerade diese Kernbereich der Vertragsbeziehung zwischen Sponsor und Verein ist, stellen sich viele Sponsoren nun die Frage, ob die Möglichkeit besteht, die bestehenden Verträge frühzeitig zu beenden oder die vereinbarten Beträge nicht zu bezahlen.

Leistungserbringung im Sportsponsoring bei Saisonabbruch durch Corona unmöglich

Im Fall des vorzeitigen Saisonabbruchs wird dem Verein in der Regel die Leistungserbringung unmöglich. Die Gegenleistungspflicht des Sponsors entfällt daher ebenso. Meist handelt es sich dabei um vereinbarte Geldbeträge. Sofern der Sponsor den vereinbarten Beitrag bereits geleistet hat, kann er diesen zurückfordern.

Allerdings gibt es auch Leistungen, die theoretisch noch erbracht werden können. So kann Werbung vor Ort weiterhin angezeigt werden. Allerdings erreicht die Werbung bei fehlenden Zuschauer:innen niemanden. Insofern wird der Sponsor vermutlich kein Interesse an der Erbringung der Leistung haben, da eine werbliche Kommunikationsleistung, die niemanden mehr erreicht, keinen Wert hat. Die Situation ist allerdings nicht durch das Verschulden des Vereins begründet. Das Leistungsstörungsrecht in Deutschland setzt jedoch das Verschulden als Grundlage für den Schadensersatz oder den Rücktritt vom Vertrag zwingend voraus. Zwar wird das Verschulden grundsätzlich erst einmal vermutet, jedoch ist es in einer Krise bzw. bei einem ökonomischen Schock unproblematisch möglich, dass der Verein sich exkulpiert, d.h. sich vom Vorwurf des Verschuldens entlastet. Der Sponsor hat somit bei fehlendem Verschulden keine Ansprüche aus dem Leistungsstörungsrecht gegen den Verein.

Ordentliche und außerordentliche Kündigung von Verträgen im Sportsponsoring in der Corona-Krise

Sofern die Saison nicht beendet wurde, aber der Spielbetrieb in abgeänderter Form weiterläuft, ist die Leistungserbringung nicht unmöglich und die Gegenleistungspflicht des Sponsors entfällt nicht.

In diesem Fall müssen die Parteien eine andere Lösung finden. Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung besteht in den meisten Fällen nicht, da in der Regel eine ordentliche Kündigung in den zeitlich begrenzten Werbe- und Kooperationsverträgen ausgeschlossen ist. Eine außerordentliche Kündigung kann nur aus wichtigem Grund erfolgen. Obwohl es zunächst so erscheinen mag als ob die aktuelle Situation einen wichtigen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellt, ist dem nicht so.

Eine außerordentliche Kündigung ist dann gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Vertragsende nicht zugemutet werden kann.

Eine verhaltensbedingte Kündigung fällt an dieser Stelle weg, da die aktuelle Situation und die darauf begründeten hoheitlichen Maßnahmen nicht durch das Verhalten des Vereins bedingt sind. Darüber hinaus werden die meisten Sponsoringverträge weiterhin teilweise erfüllbar sein. Eine (fristlose) Kündigung kommt daher im Regelfall nicht in Betracht.

Wegfall der Geschäftsgrundlage als Möglichkeit der Kündigung von Verträgen im Sportsponsoring während Corona

Es kann die Möglichkeit bestehen, dass der Vertrag angepasst oder in absoluten Ausnahmefällen beendet wird.

Ist die Geschäftsgrundlage gestört, kann die dadurch belastete Partei eine Anpassung des Vertrages verlangen.

Die gesetzlichen Anforderungen an ein solches Anpassungsrecht sehen drei Voraussetzungen vor:

  • Die schwerwiegenden Änderungen der Umstände dürfen nicht in den Risikobereich einer Vertragspartei fallen.
  • Die Parteien hätten den Vertrag nicht oder nicht so geschlossen, wenn sie die geänderten Umstände vorhergesehen hätten.
  • Einer Partei kann das Festhalten am Vertrag in unveränderter Form nicht zugemutet werden.

Mit Risikobereich sind sämtliche Vorgänge umfasst, welche in die Sphäre der Vertragspartei fallen. Diese wird mit Hilfe des Vertragsinhalts, Vertragszwecks, den gesetzlichen Bestimmungen und aus den Umständen ermittelt. Würde bspw. der Verein garantieren, dass ein/e Spieler:in während der Saison besonders für den Sponsor wirbt und diese/r Spieler:in verlässt den Verein oder das vertraglich vereinbarte Werbemedium ist defekt, dann würde dies in den Risikobereich des Vereins fallen. Der Risikobereich ähnelt im Allgemeinen dem Verschulden sehr stark. In den meisten Fällen liegt bei einem Sachverhalt, welcher in den Risikobereich der einen Vertragspartei fällt, gerade ein Verschulden vor, weshalb dieser aus dem Regelungsinhalt des § 313 BGB ausdrücklich herausgenommen wurde. Ein Verein hat jedoch keinen Einfluss auf das Entstehen bzw. Fortbestehen einer globalen Krise, sodass diese gerade nicht in den Risikobereich des Vereins fällt.

Anders würde der Sachverhalt liegen, wenn die Krise bereits besteht und der Verein sich einer besonderen Gefahr aussetzt, welche im Ergebnis dazu führt, dass Termine nicht mehr wahrgenommen werden.

Wahrnehmbarkeit im Sportsponsoring mitvereinbart

(Stillschweigend) mitvereinbart wird die Wahrnehmbarkeit der Werbung von einem potentiellen Kundenstamm. Bei Geisterspielen oder Spielen mit enorm verminderten Zuschauerzahlen kann – trotz eventueller TV-Übertragung – die Werbewirkung gar nicht oder nur stark vermindert eintreten. Somit wird der primäre Zweck der Werbung, nämlich vornehmlich die Wahrnehmung durch das (große) Stadion- oder Sporthallenpublikum, nicht erfüllt.

Die verbleibende Reichweite der Werbung und den damit verbundenen Anspruch auf die Werbe- und Kooporationsbeiträge hängt davon ab, wie gut und wie häufig die Werbeträger:innen in der TV-Übertragung oder durch anwesende Zuschauer:innen wahrgenommen werden.

Eine Anpassung dieses Beitrages hängt von der Differenz der Zuschauer:innen in der aktuellen Situation im Vergleich zu der durchschnittlich zu erwartenden Zuschauerzahl in der bei Vertragsschluss vorausgesetzten Realität ab.

Die durchschnittliche Zuschauerzahl der vorherigen Saisons war in der Regel Berechnungsgrundlage für die vereinbarten Sponsorenbeiträge. Eine Anpassung können die Vertragsparteien daher sowohl in der Beitragshöhe als auch in den vereinbarten Werbemitteln vornehmen.

Schlussendlich besteht im Rahmen der Privatautonomie natürlich auch die Möglichkeit. im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien einen Auflösungsvertrag auszuhandeln.

Unsere Einschätzung

Die Möglichkeit zur vorzeitigen Vertragsbeendigung besteht nur in geringen Ausnahmefällen. Dennoch sollte es in vielen Fällen durchaus möglich sein, den Vertrag anzupassen oder im gegenseitigen Einvernehmen aufzulösen. Je nachdem wie die rechtliche Bewertung eines Vertrages ausfällt, könnte das Recht auf Vertragsanpassung sogar zu einem Recht auf Vertragsauflösung werden.

Sprechen Sie unsere Expert:innen zur Beratung und Fragen zu konkreten Fällen gerne an.

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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