5. November 2020

Steuerliche Behandlung von Influencer:innen

Influencer:innen und andere Content-Creator:innen verdienen Geld mit medialer Aufmerksamkeit. Selbstverständlich haben das auch die Finanzbehörden im Blick. Informieren Sie sich bei uns über die steuerliche Behandlung von Influencer:innen und anderen Content-Creator:innen.

Als Content-Creator:innen gelten Blogger:innen, Influencer:innen, Podcaster:innen und Youtuber:innen. Im Folgenden verwenden wir für sie den Begriff der Influencer:innen.

Die meisten beginnen ihre Tätigkeit im Internet regelmäßig als bloßes Hobby. Das Teilen von Wissen, Erfahrungen und Meinungen entwickelt sich allerdings häufig zur Einnahmequelle.

Die Finanzbehörden werden den Bereich der Sozialen Medien zunehmend prüfen. Die Prüfung könnte bereits durch die Sichtung der Accounts erfolgen. Zudem sind nicht nur die Anzahl der Klicks und Likes online ersichtlich, sondern auch das Ranking der Accounts in vielen Portalen frei zugänglich. Ungefähre Einkünfte von Influencer:innen lassen sich anhand dieser Kennzahlen abschätzen.

Dabei geht es nicht nur um die Geldeinnahmen, die sie von Unternehmen erhalten, sondern auch um den Erhalt von Gratisprodukten und Geschenken.

Ertragsteuerliche Einkunftsarten von Influencer:innen

Im Allgemeinen erzielen Influencer:innen Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Zusätzlich auch Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit oder sonstige Einkünfte.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) liegen dann vor, wenn eine selbstständige, nachhaltige Betätigung mit der Absicht ausgeübt wird, Gewinne zu erzielen. Weitere Voraussetzung: Die Betätigung muss eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellen. Was das konkret bedeutet, erfahren Sie hier.

Hierbei darf es sich nicht um land- und forstwirtschaftliche Einkünfte, die Ausübung eines freien Berufs oder eine andere selbstständige Tätigkeit handeln. Auch Vermögensverwaltung ist nicht zulässig.

Sofern die vier positiven Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt und die drei negativen nicht erfüllt sind, liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Somit sind die Einkünfte aus Gewerbebetrieb subsidiär, insbesondere zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit im Sinne des § 18 Einkommensteuergesetz. Subsidiär bedeutet im Steuerrecht, dass Einkünfte, die einen nebenberuflichen Charakter haben, einer Haupteinkunftsart zugeordnet werden, wenn sie mit dieser im Zusammenhang stehen.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb unterliegen der Gewerbesteuer.

Einkünfte aus selbständiger Arbeit

Laut § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 Einkommensteuergesetz gelten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Neben den sogenannten Katalogberufen gehören unter anderem auch die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit dazu.

Fraglich ist, wann tatsächlich selbstständige Arbeit vorliegt. Diese Abgrenzung ist wichtig, da diese Einkünfte im Gegensatz zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Nachfolgend erhalten Sie einige Beispiele.

 

  • Podcaster:innen „Gesundheit, Fitness und Ernährung“

Ein:e Podcaster:in veröffentlicht Podcasts rund um das Thema Gesundheit, Fitness und Ernährung. Die Gedanken sind schriftlich nicht niedergelegt. Also kann keine schriftstellerische Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Einkommensteuergesetz vorliegen. Sofern die Podcasts auch Interviews mit Ernährungswissenschaftler:innen, und Ärzt:innen beinhalten, können hier durchaus journalistische Einkünfte vorliegen.

 

  • YouTube und Let’s Plays

Viele YouTuber:innen testen Spiele und geben hierzu ihre Eindrücke oder Tipps wieder. Die Community bezeichnet das als Let’s Plays.
Hier können keine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit vorliegen, also beispielsweise als Berichterstatter:in oder Journalist:in. Denn hier gibt es keine Auseinandersetzung zu Ereignissen auf dem politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder kulturellen Bereich. Demzufolge erzielen YouTuber:innen Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

 

  • Blogger:innen „Lifestyle, Kosmetik und Mode“

Herstellende Unternehmen bestimmter Produkte beauftragen gerne Blogger:innen, um bestimmte Produkte oder Dienstleistungen zu vermarkten. Durch deren Reichweite kann die Werbebotschaft viele Menschen erreichen. Transportiert werden die Botschaften unter anderem durch Anzeigen, Stories oder Bannern in den Kanälen der Blogger:innen.

Da Blogger:innen ihre Bekanntheit zum Bewerben von Produkten einsetzen, liegen Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb vor.

Welche Arten von Einnahmen und Ausgaben haben Influencer:innen?

Betriebseinnahmen

Nach dem Einkommensteuergesetz sind Einnahmen alle Güter, die der Steuerpflichtige in Geld oder Geldwert erhält.

  • Gratisprodukte und Geschenke

Erhalten Influencer:innen Gratisprodukte oder Geschenke handelt es sich hierbei um Sachzuwendungen.

Diese stellen regelmäßige Betriebseinnahmen dar. Die Bewertung der Sachzuwendung erfolgt nach § 6 Abs. 4 EStG mit dem “gemeinen Wert”. Was ist der gemeine Wert? Der gemeine Wert ist im Bewertungsgesetz definiert. Er wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert, Einzelveräußerungspreis) – und entspricht dem Preis, den ein fremder Dritter bezahlen würde.

Somit kann die Bewertung der Betriebseinnahme schnell erfolgen. Gleichzeitig kann die Betriebseinnahme auch eine Betriebsausgabe darstellen, da die Sachzuwendung regelmäßig auch ein Teil des Betriebsvermögens wird.

Das lässt sich mit dem folgenden Beispiel erklären:

Der/die Influencer:in erhält vom Hersteller für die Erstellung eines Blogbeitrags ein Tablet (Verkaufspreis beim Hersteller 1.500 Euro inkl. USt) zur Verfügung gestellt. Das Tablet darf der/die Influencer:in aufgrund des erstellten Beitrags behalten. Anschließend benutzt der/die Influencer:in das Tablet ausschließlich für betriebliche Zwecke.

Im Ergebnis:

Der Erhalt des Tablets stellt eine Betriebseinnahme dar, welche der Influencer oder die Influencerin zum gemeinen Wert (hier: 1.500 Euro inkl. USt) versteuern muss.

Das Tablet wird aber zum Betriebsvermögen und stellt bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zugleich die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AFA) dar.

Es ist die sog. Theorie der ersparten Betriebsausgaben. Denn das Gleiche würde gelten, wenn der/die Influencer:in statt der Sachzuwendung einen Geldbetrag (Betriebseinnahme) erhalten hätte und mit diesem das Tablet gekauft hätte (Betriebsausgabe über die AFA).

Steuerliche Auswirkung:

Ertragsteuerlich liegt grundsätzlich ein gewinnneutraler Vorgang vor, sofern die Nutzung im Betriebsvermögen erfolgt. Allerdings bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens – durch die AFA – zeitverzögert. Dementsprechend müssen unter Umständen Steuern gezahlt werden, obwohl keine Geldeinnahme erfolgt ist.

Umsatzsteuerlich liegt ein Tauschumsatz vor. Hier gilt: die Lieferung Tablet gegen Werbeleistung.

Das Tablet löst für den/die Influencer:in Umsatzsteuer in Höhe von 206,90 Euro (1.500 Euro/ 1,16 * 0,16) aus. Sofern der/die Influencer:in eine Rechnung ausstellt gäbe es auch einen Vorsteuerabzug in Höhe von 206,90 Euro.

In der Praxis häufig das Problem: Rechnungen werden nicht ausgestellt. Fehlt in dem o.a. Beispiel die Rechnung, geht die Vorsteuer in Höhe von 206,90 Euro verloren!

Selbstverständlich können sich Abweichungen durch individuelle vertragliche Vereinbarungen ergeben.

  • Werbeeinnahmen durch Affiliate Marketing

Durch das Einbinden von Affiliate Links können zusätzliche Betriebseinnahmen entstehen. Die Vertriebspartner zahlen Influencer:innen eine Beteiligung am Verkaufspreis eines Produktes, wenn sie das Produkt auf dem eigenen Profil verlinken. Darüber generierte Einnahmen müssen Influencer:innen ebenfalls versteuern.

Das Einbinden von Affiliate Links kommt regelmäßig auch auf YouTube vor. Sofern YouTuber:innen es gestatten, Werbeanzeigen in Videos einzublenden, erhalten sie hierfür prozentual Werbeeinnahmen.

Betriebsausgaben

Da die Tätigkeit von Influencer:innen oftmals aus privaten Hobbies entsteht, nutzen sie dazu häufig private Gegenstände. Wenn eine sachgerechte Trennung nicht möglich ist, gelten die Aufwendungen oft als insgesamt privat veranlasst.

  • Telekommunikationskosten

Sofern eine hälftige Nutzung des PCs, Laptops oder Smartphones vorliegt, können Influencer:innen die Kosten als Betriebsausgaben geltend machen.

  • Häusliches Arbeitszimmer

Die Tätigkeit als Influencer:in üben viele lediglich als Nebentätigkeit aus. So kann die Aufbewahrung privater Unterlagen im häuslichen Arbeitszimmer zum Ausschluss führen. Demnach stellen diese Kosten oftmals keine betrieblichen Aufwendungen dar.

  • Domain-Name

Domains sind nicht abnutzbare immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögen. Eine Abnutzbarkeit liegt nicht vor, da sie rechtlich gesehen, nicht zeitlich begrenzt sind. Eine Aktivierung hat gemäß § 5 Abs. 2 EStG zu erfolgen. Eine Abschreibung ist nicht zulässig. Die Gewinnminderung erfolgt erst im Zeitpunkt des Verkaufs oder Entnahme der Domain.

  • Webseite

Sofern eine Webseite gekauft wird oder für das Einrichten Geld fließt, muss eine Aktivierung als ein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens erfolgen. Die Abschreibung erfolgt über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Somit können diese Kosten über die Nutzungsdauer als Betriebsausgabe berücksichtigt werden.

Unsere Einschätzung

Grundsätzlich erzielen Influencer:innen im allgemeinen Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb. Sie können aber durchaus auch Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielen.

Eine gewerbliche Tätigkeit unterliegt regelmäßig der Gewerbesteuer. Bei natürlichen Personen sowie bei Personengesellschaften fällt Gewerbesteuer nur an, wenn der Gewerbeertrag den Freibetrag von 24.500 Euro pro Jahr übersteigt.

Die Ermittlung der Einkünfte und Umsätze sowie die Abgrenzung der Einkünfte ist mit großen Herausforderungen verbunden.

Im Übrigen ist die Tätigkeit bei Vorliegen eines Gewerbebetriebs der Gemeinde zu melden, sowie bei freiberuflicher Tätigkeit der Finanzverwaltung mitzuteilen.

Haben Sie Fragen zum Thema? Dann sprechen Sie uns jederzeit gerne an.

Ein kurzes Video dazu, wieso sich das Finanzamt für Influencer:innen interessiert, finden Sie hier:

Büsra Karadag

Associate Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin für Internationales Steuerrecht, LL.M.

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