23. Oktober 2020

Steuerliche Folgen für Grenzgänger im Homeoffice und Besonderheiten während der Corona-Krise

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Viele Menschen arbeiten coronabedingt aus dem Homeoffice. Wir liefern Ihnen Infos über steuerliche Folgen für Grenzgänger im Homeoffice während der Corona-Krise.

Was bedeutet Grenzgänger?

Arbeitnehmer, bei denen der Wohnsitz und der Arbeitsort in zwei verschiedenen Staaten liegen, werden als Grenzgänger bezeichnet.

Wenn Sie in Deutschland wohnen und in einem Nachbarland wie beispielsweise in der Schweiz arbeiten, müssen Sie als sogenannter Grenzgänger besondere Steuerregelungen beachten.

Wo bezahlen Grenzgänger Steuern?

Grundsätzlich unterliegen Sie in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht, wenn Sie Ihren Wohnsitz oder Ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Das bedeutet, dass Sie Ihr gesamtes Einkommen in Deutschland versteuern.

Üben Sie jedoch als Arbeitnehmer Ihre Tätigkeit im Ausland aus, müssen Sie gegebenenfalls ausländische Steuern zahlen.

Doppelbesteuerungsabkommen entlasten Grenzgänger

Um eine solche Doppelbesteuerung zu vermeiden, haben die meisten Länder bilaterale Abkommen geschlossen. Derzeit hat Deutschland mit mehr als 90 Staaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen.

In den meisten Doppelbesteuerungsabkommen wird dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zugewiesen. Das bedeutet, dass Ihre Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nicht in Ihrem Wohnsitzstaat versteuert werden, sondern in dem Staat, in dem Sie Ihre Tätigkeit ausüben (Tätigkeitsstaat).

Ausnahme der 183-Tage-Regelung für Grenzgänger  

Eine Ausnahme von den oben genannten Besteuerungsgrundsätzen ergibt sich aus der sogenannten 183-Tage-Regelung. Nach den meisten Doppelbesteuerungsabkommen behält der Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht, wenn Sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Der Arbeitnehmer darf sich nicht länger als 183 Tage im Jahr (Steuerjahr bzw. Kalenderjahr) im Tätigkeitsstaat aufhalten,
  • das Gehalt darf nicht von einem im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber gezahlt werden und
  • das Gehalt darf nicht von einer im Tätigkeitsstaat gelegenen Betriebsstätte des Arbeitgebers getragen werden.

Greifen die oben genannten Ausnahmen nicht, unterliegen die Einkünfte im Tätigkeitsstaat der Besteuerung. Deutschland wird diese zwar grundsätzlich steuerfrei stellen, jedoch unterliegen sie dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Das bedeutet, dass im Rahmen der Einkommensteuererklärung die in Deutschland erzielten Einkünfte mit dem Steuersatz besteuert werden, der sich auch unter Berücksichtigung dieser steuerfreien ausländischen Einkünfte ergibt.

Grenzgänger-Regelung je nach Nachbarland unterschiedlich

Für bestimmte Staaten ergeben sich in den entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen besondere Vereinbarungen für Grenzgänger. Dabei ist zu beachten, dass Grenzgänger von der Arbeitsstätte in der Regel täglich zu ihren Wohnsitz zurückkehren.

Die Grenzgänger-Regelung kann in den Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich, Österreich und der Schweiz wiedergefunden werden. Erfüllen Sie als Grenzgänger die Voraussetzungen für die Ausnahme-Regelung werden die Einkünfte stets im Wohnsitzstaat besteuert.

Leider sind die Voraussetzungen zur Anwendung der Regelung in den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen unterschiedlich, sodass die Prüfung für die einzelnen Staaten gesondert vorgenommen werden muss.

Homeoffice für Grenzgänger in den Niederlanden

Für Grenzpendler, die in den Niederlanden tätig sind gelten grundsätzlich die allgemeinen Besteuerungsgrundsätze. Eine Ausnahme wie die Grenzgänger-Regelung wurde zwischen Deutschland und den Niederlanden nicht vereinbart.

Für die Zeit während der Corona-Krise besteht jedoch auch mit den Niederlanden eine besondere Vereinbarung. Die Arbeitstage, die Grenzpendler aufgrund der Corona-Krise von zu Hause aus arbeiten müssen, behandeln die Behörden wie Arbeitstage in den Niederlanden.

Diese Fiktion kommt jedoch nur zur Anwendung, wenn eine entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers vorliegt. Ähnliche Vereinbarungen gelten auch mit Luxemburg sowie mit Belgien.

Wichtig: Die oben genannte Fiktion gilt nicht für Arbeitstage, die Arbeitnehmer unabhängig von der Corona-Krise im Homeoffice verbringen. Insbesondere wenn im Arbeitsvertrag eine grundsätzliche Homeoffice-Regelung vereinbart ist, gilt die Fiktion nicht.

Auswirkungen der Corona-Krise auf Grenzgänger im Homeoffice

Viele Arbeitnehmer sind aufgrund der Corona-Pandemie gezwungen, von zu Hause aus zu arbeiten. Das führt dazu, dass Sie die Voraussetzungen zur Anwendung der Grenzgänger-Regelung in den Doppelbesteuerungsabkommen nicht erfüllen. Dementsprechend wird das Besteuerungsrecht nicht mehr dem Wohnsitzstaat zugerechnet.

Soll das Homeoffice nicht nur vorübergehend, sondern sogar für eine längere Zeit vereinbart werden, könnte auch die 183-Tage-Regelung nicht zur Anwendung kommen. Das hätte zur Folge, dass Arbeitnehmer die Einkünfte zwischen Wohnsitz und Tätigkeitsort aufteilen müssen.

Damit die Grenzgänger-Regelung trotz der Corona-Krise weiterhin zur Anwendung kommen kann, hat Deutschland mit den betroffenen Staaten Frankreich, Österreich und Schweiz gesonderte Vereinbarungen getroffen. Die Voraussetzungen der Grenzgänger-Regelung sollen hierbei trotz des fehlenden Pendelns zwischen Wohnsitz und Tätigkeitsort erfüllt sein. Das gilt zumindest, wenn Grenzschließungen und Einreiseverbote sowie behördliche Empfehlungen oder Anweisungen des Arbeitgebers zu Homeoffice- oder Arbeitsfreistellungstagen führen.

Unsere Einschätzung

Wenn Sie als Arbeitnehmer im Ausland tätig sind und Ihren Wohnsitz in Deutschland haben, prüfen die Behörden die Besteuerungsgrundsätze anhand der Doppelbesteuerungsabkommen.

Es können sich etwaige Ausnahmen ergeben wie die genannte 183-Tage- oder die Grenzgänger-Regelung. Nun gelten aufgrund der Corona-Krise weitere Ausnahmen zu den Ausnahmen.

Falls Sie sich einen Überblick über die aktuell geltenden Regelungen verschaffen wollen, stehen wir Ihnen jederzeit beratend zur Seite.

 

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