6. Oktober 2020

Die Betriebsprüfung und was die Prüfungsanordnung bedeutet

In unserem ersten Beitrag zum Thema Betriebsprüfung hatten wir Ihnen bereits erläutert, welche Anlässe es für eine steuerliche Betriebsprüfung geben kann. In den nächsten Teilen unserer Reihe zu Betriebsprüfungen möchten wir für Sie skizzieren, wie eine Betriebsprüfung im Regelfall abläuft. Dazu erfahren Sie heute, welche Vorbereitungsschritte im Finanzamt ablaufen, bis Sie als Unternehmer von der Betriebsprüfung bei Ihrem Unternehmen erfahren. Ganz konkret geht es um die Vorbereitung der Betriebsprüfung und was die Prüfungsanordnung bedeutet.

Vor der Prüfungsanordnung

Bevor der Unternehmer überhaupt Kenntnis davon erlangt, dass eine Betriebsprüfung bei ihm geplant ist, erfolgt eine Vorbereitung der Prüfung durch den zuständigen Betriebsprüfer. Der Umfang der Prüfungsvorbereitung liegt jeweils im Ermessen des Betriebsprüfers.

Wenn es sich um eine anlassbezogene Betriebsprüfung handelt, wird der Betriebsprüfer die Prüfung des Anlasses durch die Überprüfung der bereits dazu vorliegenden Informationen vorbereiten.

Im Regelfall wird er sich auch die Steuerakten des Unternehmers von der zuständigen Veranlagungsstelle im Finanzamt beschaffen. diese sowie die im Finanzamt gespeicherten Daten wird der Prüfer auf weitere potenzielle Prüfungsschwerpunkte sichten.

Vorherige Prüfungen: Lohnsteueraußen- und Umsatzsteuersonderprüfung

Erfolgten im Vorfeld der Betriebsprüfung bereits andere Prüfungen (Lohnsteueraußenprüfung/Umsatzsteuersonderprüfung), wird der Prüfer sich auch die entsprechenden Prüfungsakten beschaffen und sichten.

Der Prüfer wird selbst eine Akte in Papierform für die anstehende Betriebsprüfung und einen elektronischen Fall anlegen, in denen sowohl Unterlagen und Daten zur Prüfungsvorbereitung als auch zur weiteren Prüfung erfasst werden.

Blick auf den Onlineauftritt des Unternehmens

Oftmals wird im Rahmen der Prüfungsvorbereitung auch ein Blick auf den Onlineauftritt des Unternehmens geworfen. Hier bekommt der Betriebsprüfer einen ersten Überblick darüber, wie sich das Unternehmen selbst präsentiert.

Sollte der Betriebsprüfer im Laufe der Prüfungsvorbereitung feststellen, dass keine Prüfungsbedürftigkeit gegeben ist, wird er den Fall vom Prüfungsgeschäftsplan absetzen. Eine Betriebsprüfung findet dann nicht statt.

Wenn die Betriebsprüfung stattfinden soll, bereitet der Betriebsprüfer die Erteilung einer Prüfungsanordnung vor. In manchen Fällen rufen die Betriebsprüfer vorab beim Steuerberater des Unternehmers an, um den Beginn und den Ort der Prüfung abzustimmen. Oft werden Ort und Zeitpunkt des Beginns der Betriebsprüfung zunächst vom Betriebsprüfer bestimmt oder nach dem Erlass der Prüfungsanordnung festgelegt.

Die Anordnung einer Betriebsprüfung

Wenn der Betriebsprüfer nicht ausnahmsweise vorab den Beginn der Betriebsprüfung für eine Terminabsprache angekündigt hat, erfährt der Unternehmer oder die Unternehmerin durch die Prüfungsanordnung zum ersten Mal von der Betriebsprüfung. Zur wirksamen Bekanntgabe der Prüfungsanordnung muss diese schriftlich oder elektronisch an den Unternehmer, die Unternehmerin oder seine(n) Empfangsbevollmächtigten erteilt werden.

Zu beachten ist die Wirkung der Prüfungsanordnung. Durch eine wirksam bekannt gegebene Prüfungsanordnung ist eine strafbefreiende Selbstanzeige für im Prüfungszeitraum begangene Steuerstraftaten zumindest für die Dauer der Betriebsprüfung nicht mehr möglich.

In der Prüfungsanordnung werden die zu prüfenden Steuerarten und der zu prüfende Zeitraum bestimmt. Das zuständige Finanzamt und die Rechtsgrundlage der Betriebsprüfung sowie der Ort der Prüfung und der Zeitpunkt des voraussichtlichen Beginns werden mitgeteilt. Der mit der Prüfung beauftragte Betriebsprüfer wird benannt.

Die Betriebsprüfung und was die Prüfungsanordnung bedeutet – Rechtmäßigkeit und Richtigkeit prüfen

Die Prüfungsanordnung stellt einen Verwaltungsakt dar, der mit einem Einspruch angefochten werden kann. Sie sollte daher stets auf ihre Rechtmäßigkeit und die Richtigkeit der inhaltlichen Bestimmungen geprüft werden.

Das Anfechten einer Prüfungsanordnung hat allerdings nur in wenigen Fallkonstellationen nachhaltigen Erfolg. Bevor ein Einspruch gegen die Prüfungsanordnung eingelegt wird, sollte deshalb kritisch geprüft werden, ob nach der Aufhebung einer rechtswidrigen Prüfungsanordnung aufgrund eines Einspruchs eine neue, rechtmäßige Prüfungsanordnung mit gleichem Regelungsinhalt erteilt werden kann. In diesem Fall führt der erfolgreiche Einspruch nämlich nicht zu einem tatsächlich eintretenden Erfolg.

Wer als zuständiger Betriebsprüfer in den Betrieb kommt, ist nicht anfechtbar.

Häufig lassen sich Unstimmigkeiten zum Prüfungsbeginn oder dem Prüfungsort auch durch ein Telefonat mit dem Betriebsprüfer klären.

Rechte und Mitwirkungspflichten des zu prüfenden Unternehmens

Zusätzlich zu den bereits genannten Angaben enthält die Prüfungsanordnung Informationen über die Rechte und Mitwirkungspflichten des zu prüfenden Unternehmens. Meist sind auch zusätzliche Angaben zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung enthalten. Damit wird erläutert, welche Möglichkeiten des Zugriffs auf digitale, für die Prüfung bedeutende Unterlagen für die Betriebsprüfung gegeben sind und von welcher Art des Zugriffs der Betriebsprüfer Gebrauch machen will. In den meisten Fällen wird der Datenzugriff mittels Datenträgerüberlassung geltend gemacht. Das bedeutet, dass die Daten der Finanzbuchhaltung für den Prüfungszeitraum auf einem Datenträger zu Beginn der Betriebsprüfung an den Betriebsprüfer übergeben werden. Das gilt auch für eventuell weiterer vorhandener digitaler Aufzeichnungssysteme. Der Betriebsprüfer kann die Daten in der Prüfsoftware IDEA einlesen und auswerten.

Unterlagen zu Beginn der Betriebsprüfung vorlegen 

Oft enthält die Prüfungsanordnung eine Anlage, in der angegeben ist, auf welche Unterlagen bei der Betriebsprüfung besonderen Wert gelegt wird. Sofern diese Anforderung von den gesetzlichen Mitwirkungspflichten des Unternehmers abgedeckt ist, sollten diese Unterlagen möglichst zu Beginn der Betriebsprüfung vorgelegt werden können.

Zu den gesondert angeforderten Unterlagen gehörte in der Vergangenheit immer häufiger die Verfahrensdokumentation. Wir gehen davon aus, dass die Verfahrensdokumentation bei zukünftigen Betriebsprüfungen regelmäßig angefordert wird. Denn seit Beginn des Jahres 2015 muss aus Sicht der Finanzverwaltung zur Gewährleistung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung für jedes betriebliche eingesetzte Datenverarbeitungssystem (also sämtliche zur elektronischen Datenverarbeitung eingesetzte Hard- und Software) eine Verfahrensdokumentation erstellt und für den Zeitraum der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist aufbewahrt werden.

Verfahrensdokumentation muss vorliegen

Die Verfahrensdokumentation soll dem Betriebsprüfer ermöglichen, die steuerlich relevanten Prozesse des geprüften Unternehmens nachvollziehen und überprüfen zu können. Liegt keine oder eine nur ungenügende Verfahrensdokumentation vor, kann es sich dabei aus Sicht der Finanzverwaltung um einen formellen Buchführungsmangel mit sachlichem Gewicht handeln. Ein derartiger Buchführungsmangel kann eine Befugnis des Betriebsprüfers zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zur Folge haben. Da Schätzungen im Rahmen von Betriebsprüfungen zu hohen Steuernachzahlungen führen können, sollte auf die Erstellung und laufende Pflege der Verfahrensdokumentation als Teil der steuerlichen Compliance besonderen Wert gelegt werden. Weitere Informationen zur Verfahrensdokumentation erhalten Sie hier.

Änderungen der Prüfungsanordnung

Vor dem Beginn der Betriebsprüfung und während der Betriebsprüfung kann es zum Erlass einer geänderten Prüfungsanordnung kommen. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Beispielsweise kann ein weiterer Betriebsprüfer benannt werden, wenn ein spezieller Sachverhalt die Hinzuziehung eines darauf spezialisierten Fachprüfers erforderlich macht. Auch kann die Änderung des zuständigen Betriebsprüfers erfolgen, wenn der ursprüngliche Prüfer die Betriebsprüfung nicht durchführen kann. Ein weiterer Anlass für die Änderung der Prüfungsanordnung ist die Erweiterung des Prüfungszeitraums. Das sgeschieht, wenn mit einer nicht unerheblichen Änderung der Steuerfestsetzungen für diesen Zeitraum gerechnet werden muss.

Wie schon die ursprüngliche Prüfungsanordnung sollte auch die geänderte Prüfungsanordnung auf Rechtmäßigkeit und Richtigkeit ihrer inhaltlichen Bestimmungen geprüft werden.

Die Betriebsprüfung und was die Prüfungsanordnung bedeutet: unsere Einschätzung

Betriebsprüfungen werden durch die meisten Betriebsprüfer im Rahmen eines routinierten Ablaufs vorbereitet. Dabei werden bereits im Vorfeld der Prüfung umfangreiche Daten über Ihr Unternehmen zusammengetragen und ausgewertet. Der Betriebsprüfer hat meist zu Beginn der Betriebsprüfung einen Überblick über Teile der steuerlich relevanten Vorgänge im Unternehmen. Damit  Sie auf die Betriebsprüfung bei Ihrem Unternehmen vorbereitet sind, wenn durch eine Prüfungsanordnung eine Betriebsprüfung bei Ihrem Unternehmen angekündigt wurde, sollten Sie frühzeitig mit der Zusammenstellung der angeforderten Unterlagen und Daten beginnen.

Die Verfahrensdokumentation zu den steuerlich relevanten Prozessen in Ihrem Unternehmen sollte zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich bereits erstellt sein. Gerne unterstützen unsere Experten Sie sowohl bei der Vorbereitung auf eine Betriebsprüfung als auch bei der Begleitung des gesamten Prozesses. Sollten Sie noch keine Verfahrensdokumentation erstellt haben, können wir Sie auch dabei unterstützen. Alternativ übernehmen wir die Erstellung der Verfahrensdokumentation für Sie.

Sprechen Sie uns an.

 

 

 

Julian Heesemann

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für die Umstrukturierung von Unternehmen (IFU /ISM gGmbH), Diplom-Finanzwirt, LL.M.

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