22. September 2020

Was Unternehmer zur Betriebsprüfung wissen sollten

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Für Unternehmer, deren Unternehmen im Sinne der Betriebsprüfungsordnung nicht als Großbetrieb gelten, kommt eine steuerliche Betriebsprüfung häufig unerwartet. Das führt oft zu Verunsicherung. Hier bekommen Sie alle Infos dazu, was Unternehmer zur Betriebsprüfung wissen sollten. Heute mit dem besonderen Fokus auf die Anlässe von Betriebsprüfungen.

Wie oft findet eine Betriebsprüfung statt?

Laut Statistik des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) fand 2018 bei rund 6,3% der Mittelbetriebe, 3,2% der Kleinbetriebe und 1,1% der Kleinstbetriebe eine Betriebsprüfung statt.

Mittelbetriebe müssen demnach im Schnitt also alle 15 Jahre, Kleinbetriebe ungefähr alle 31 Jahre und Kleinstbetriebe alle 100 Jahre mit einer Überprüfung rechnen.

Natürlich sind das Durschnittswerte. Einzelne Unternehmer kann eine Betriebsprüfung auch häufiger treffen. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine entscheidende Bedeutung kommt dabei der Betriebsgröße zu.

Betriebsgrößenklassen entscheidend für Häufigkeit einer Betriebsprüfung

Die Einordnung in Betriebsgrößenklassen erfolgt alle drei Jahre durch die Finanzämter. Dabei ordnet das jeweilige Finanzamt Betriebe in die Kategorien Großbetrieb, Mittelbetrieb, Kleinbetrieb und Kleinstbetrieb ein.

Grundlage für die Einordnung sind die Abgrenzungsmerkmale des Bundesfinanzministeriums. Im Regelfall erfolgt eine Einteilung nach der Höhe der Umsatzerlöse und des steuerlichen Gewinns (Betriebsmerkmale). Abweichende Betriebsmerkmale gibt es beispielsweise für Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und auch für Land- und Forstwirtschaftliche Betriebe. Die aktuell geltenden Betriebsmerkmale finden Sie hier.

Wieso ist Betriebsgröße so entscheidend?

Die Einordnung in die Betriebsgrößenklassen ist deshalb für die Häufigkeit einer Betriebsprüfung entscheidend, weil bei Großbetrieben nach § 4 Abs. 2 der Betriebsprüfungsordnung der neue Prüfungszeitraum jeweils an den vorhergehenden Prüfungszeitraum anschließen soll. Konkret bedeutet das: Betriebsprüfungen finden bei vielen Großbetrieben fortlaufend statt.

Für Mittelbetriebe legen die Betriebsprüfungsstellen der Finanzämter in Abstimmung mit den für sie zuständigen Aufsichtsbehörden jährliche Quoten fest, die die Anzahl der zu prüfenden Mittelbetriebe im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Finanzamts bestimmen.

Neben den Betriebsgrößenklassen gibt es jedoch weitere Faktoren, die die Häufigkeit einer Betriebsprüfung beeinflussen. Dabei lassen sich Betriebsprüfungen grob nach nicht anlassbezogenen und anlassbezogenen Betriebsprüfungen unterscheiden.

Anlassbezogene und nicht anlassbezogene Betriebsprüfung

Nicht anlassbezogene Betriebsprüfung

Nichtanlassbezogene Betriebsprüfungen finden aufgrund von Zufallsauswahlen oder Richtsatzprüfungen statt.

Betriebsprüfung nach Zufallsauswahl

Ein geringer Anteil der Betriebsprüfungen erfolgt nach einer elektronischen Zufallsauswahl. Diese Zufallsauswahl ermittelt die zu prüfenden Unternehmen aus dem Bestand der im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Finanzamts erfassten Unternehmen.

Das Prinzip der Zufallsauswahl basiert auf dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Die Finanzverwaltung kann nicht bei jedem Betrieb regelmäßig eine Betriebsprüfung durchführen. Daher soll die Zufallsauswahl die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewährleisten. Schließlich besteht für Unternehmen immer die Möglichkeit, sich einer Betriebsprüfung unterziehen zu müssen.

Betriebsprüfung als Richtsatzprüfung

Die Finanzverwaltung erstellt bundesweit jährlich eine Richtsatzsammlung zum Vergleich und zur Überprüfung von Umsätzen und Gewinnen branchengleicher Unternehmen mit ähnlichen Umsätzen. Die ermittelten Werte werden bei Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen zugrunde gelegt, wenn sich im Rahmen einer Betriebsprüfung durch fehlende Ordnungsmäßigkeit der Buchführung eine Schätzungsbefugnis des Betriebsprüfers ergibt.

Zur Ermittlung der Vergleichswerte (Richtsätze) prüfen die Finanzämter jährlich Betriebe verschiedener Branchen, um so die Datenbasis der Richtsätze auf einem aktuellen Stand zu halten. Den einzelnen Finanzämtern wird dabei von ihrer Aufsichtsbehörde zugeteilt, welche Branchen geprüft werden sollen.

Anschließend sucht der zuständige Betriebsprüfer einen Betrieb der zu prüfenden Branche heraus. Dabei ist es egal, ob der Betrieb bereits aufgrund eines anderen Anlasses zur Betriebsprüfung vorgesehen war.

Es ist daher möglich, dass der einzige Anlass der Prüfung darin besteht, Daten für die Richtsatzsammlung zu ermitteln.

Nach Abschluss der Betriebsprüfung wird der Betriebsprüfer die ermittelten Umsatz- und Gewinn-Kennzahlen melden, sodass diese Eingang in die Datenbasis der Richtsatzsammlung finden.

Anlassbezogene Betriebsprüfungen

Anlässe für eine Betriebsprüfung können Meldungen durch die Veranlagungsstellen oder andere Abteilungen des Finanzamts, Prüfungen aufgrund von Kontrollmaterial, Anzeigen, Ergebnissen von Kassen-Nachschauen oder Empfehlungen des vorherigen Betriebsprüfers sein.

Betriebsprüfung nach Meldung durch die Veranlagungsstellen oder andere Abteilungen des Finanzamts

Meldungen durch die Veranlagungsstellen oder andere Abteilungen des Finanzamts wie beispielsweise die Neuaufnahmestelle, die Umsatzsteuervoranmeldungsstelle oder die Grundstücksstelle führen häufig zur Anordnung einer Betriebsprüfung.

Eine Meldung an die Betriebsprüfungsstelle erfolgt im Regelfall dann, wenn der Sachbearbeiter eines Vorgangs im Rahmen seiner Tätigkeit Auffälligkeiten entdeckt, die der Sachbearbeiter selbst nicht überprüfen kann.

Ein klassisches Beispiel sind Auffälligkeiten in der Bilanz eines Einzelunternehmens im Rahmen der Bearbeitung seiner Einkommensteuererklärung.

Entdeckt der Sachbearbeiter hier Auffälligkeiten, fragt er in der Regel zunächst beim Steuerberater des Unternehmers oder beim Unternehmer selbst nach. Ist der Sachverhalt auf diesem Wege nicht überprüfbar, wird er den Fall mit dem zuständigen Betreuungsprüfer besprechen. Der Betriebsprüfer entscheidet letztendlich in Abstimmung mit seinem Sachgebietsleiter darüber, ob ein prüfungswürdiger Sachverhalt gegeben ist.

Folgende Sachverhalte führen dabei häufig zu einer Meldung an die Betriebsprüfungsstellen:

  • Hohe Privateinlagen, die insbesondere die Entnahmen deutlich übersteigen
  • Mehrjährige Verluste
  • Außergewöhnlich hohe Abschreibungen/Teilwertabschreibungen
  • Außergewöhnlich hohe Kassenbestände in der Bilanz
  • Möglicherweise fremdunübliche Vertragsgestaltungen mit nahen Angehörigen
  • Branchenunübliche, starke Umsatz- und Gewinnschwankungen
  • Abweichungen vom branchenüblichen Gewinn im Vergleich mit der Richtsatzsammlung des Finanzamts (siehe Richtsatzprüfungen)
  • Außergewöhnliche Vorgänge wie Betriebsveräußerungen, Betriebsaufgaben oder Umwandlungen
  • Häufige Beanstandungen im Veranlagungsverfahren bei der Gewinnermittlung oder den Steuererklärungen
  • Regelmäßig verspätete Abgabe oder die Nichtabgabe von Steuererklärungen und Gewinnermittlungen

Die aufgezählten Punkte stellen nur eine beispielhafte Auswahl dar, denn die Gründe für eine Meldung an die Betriebsprüfungsstelle sind einzelfallabhängig und können unterschiedlichster Art sein.

In einer anschließenden Betriebsprüfung legt der Prüfer besonderes Augenmerk auf die Gründe der Meldung. Denn im Regelfall muss er im Anschluss an die Betriebsprüfung eine Rückmeldung zum zu überprüfenden Sachverhalt an die meldende Stelle geben. Dennoch kann er auch andere Prüfungsschwerpunkte setzen.

Betriebsprüfungen aufgrund von Kontrollmaterial

Betriebsprüfer erstellen bei der Durchsicht von Belegen häufig sogenannte Kontrollmitteilungen. Dabei kopieren sie Eingangsrechnungen, die andere Unternehmer an das geprüfte Unternehmen ausgestellt haben, und stellen sie dem Finanzamt des anderen Unternehmens mit Hinweisen auf Auffälligkeiten zur Verfügung.

Auch Bearbeiter in den Veranlagungsstellen erstellen gelegentlich Kontrollmitteilungen, wenn ihnen im Rahmen der Bearbeitung von Steuererklärungen Rechnungen anderer Unternehmer vorliegen und sie darin Auffälligkeiten entdecken.

Anschließend sichten Prüfer des für das andere Unternehmen zuständigen Finanzamts das Kontrollmaterial und entscheiden, ob sich ein Prüfungsbedarf ergibt.

Kommt es zu einer Betriebsprüfung, wird der Betriebsprüfer abgleichen, ob die vorliegenden Rechnungen des Unternehmers Eingang in seine Gewinnermittlung gefunden haben und ob die Erstellung der Ausgangsrechnungen den formellen Voraussetzungen entspricht.

Im Regelfall wird sich der Betriebsprüfer jedoch nicht ausschließlich auf die Prüfung des Kontrollmaterials beschränken und weitere Prüfungsschritte durchführen.

Betriebsprüfung aufgrund von Anzeigen

Immer wieder gehen bei den Finanzämtern Anzeigen ein. Diese erfolgen meist anonym und gehen oft von ehemaligen Angestellten, Geschäftspartnern oder Personen aus dem privaten Umfeld des Unternehmers aus.

Auf unterschiedliche Art berichten die Anzeigenden von vorhandenem Insiderwissen über Handlungen der angezeigten Person, die den steuerrechtlichen Vorschriften widersprechen und gegebenenfalls auch strafrechtlich relevanten Charakter haben. Entsprechende Anzeigen sind meist sehr vage formuliert und häufig auf einen Racheakt zurückzuführen.

Daher führt nicht jede anonyme Anzeige zu einer Betriebsprüfung bei der angezeigten Person. Im Regelfall wird der zuständige Betriebsprüfer eine Betrachtung des Gesamtfalls vornehmen. Die Anordnung einer Betriebsprüfung wird nur dann erfolgen, wenn die Anzeige plausibel erscheint und auf durch den Betriebsprüfer überprüfbare, steuerlich beachtliche Sachverhalte hindeutet oder die Anzeige in Kombination mit weiteren Anhaltspunkten auf eine Prüfungsbedürftigkeit schließen lässt.

Betriebsprüfung aufgrund von Ergebnissen von Kassen-Nachschauen

Seit dem 01. Januar 2018 steht den Finanzbehörden die Möglichkeit der Durchführung einer sogenannten Kassen-Nachschau (§ 146b Abgabenordnung) zur Verfügung.

Im Rahmen der Kassen-Nachschau kommt ein Amtsträger der zuständigen Finanzbehörde unangekündigt während der Geschäftszeiten des Unternehmens in dessen Geschäftsräume, um die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung und des eingesetzten Kassensystems zu überprüfen. Im Regelfall wird während der Kassen-Nachschau ein Kassensturz durchgeführt, um einen Abgleich der Soll- und Ist-Werte durchzuführen. Häufig werden auch die elektronischen Daten eines auslesbaren elektronischen Kassensystems entweder direkt vor Ort ausgelesen oder im Nachgang zur Kassen-Nachschau angefordert.

Werden bei der Kassen-Nachschau Unregelmäßigkeiten oder eine möglicherweise fehlende Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung festgestellt, kann der Prüfer unmittelbar zu einer Außenprüfung übergehen (§ 146b Abs. 3 Abgabenordnung). Allerdings kann das Finanzamt auch ohne sofortige Außenprüfung anhand der gewonnenen Erkenntnisse einen Anlass für eine spätere Betriebsprüfung als gegeben ansehen und den Fall auf den Prüfungsgeschäftsplan nehmen. Der Prüfungsgeschäftsplan ist ein jährlich von der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts aufzustellender Plan über die für das betroffene Jahr geplanten Betriebsprüfungen. Je nach Sachverhalt wird der gemeldete Fall daher zeitnah auf den Prüfungsgeschäftsplan genommen oder für die folgenden Jahre zurückgestellt.

Durch die Kassen-Nachschau können häufig nur Erkenntnisse über einen begrenzten Zeitraum gewonnen werden. Dieser Zeitraum ist meist deutlich kürzer als ein üblicher Betriebsprüfungszeitraum. Daher wird die Betriebsprüfungsstelle oftmals nicht unmittelbar zu einer Außenprüfung übergehen und stattdessen die gewonnenen Erkenntnisse in einer späteren Betriebsprüfung berücksichtigen.

Eine Veranlagung der Steuererklärungen für diesen Zeitraum und der Folgezeiträume unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO ohne weitere Rückfragen, kann daher darauf hindeuten, dass eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt geplant ist.

Betriebsprüfung als Anschlussprüfung auf Empfehlung des vorherigen Betriebsprüfers

Nach Abschluss einer Betriebsprüfung hat der zuständige Betriebsprüfer zu entscheiden, ob bei dem geprüften Fall eine Anschlussprüfung erfolgen soll. Eine Anschlussprüfung ist eine Betriebsprüfung, deren Prüfungszeitraum an den Prüfungszeitraum der vorangegangenen Prüfung anschließt oder in einem Abstand von einem oder wenigen Veranlagungszeiträumen folgt.

Eine Anschlussprüfung wird im Regelfall dann erfolgen, wenn im Rahmen der vorherigen Betriebsprüfung erhebliche Beanstandungen festgestellt wurden. Bei Betrieben aus Bargeldbranchen kommt eine Anschlussprüfung beispielsweise also vor allem dann in Betracht, wenn die laufende Kassenführung Mängel aufweist und dadurch erhebliche Buchführungsmängel gegeben sind.

Unsere Einschätzung

Wie Sie sehen, können verschiedenste Anlässe und Konstellationen zu einer Betriebsprüfung Ihres Unternehmens führen. Manchmal wird man im Laufe oder schon zu Beginn der Betriebsprüfung erfahren, welcher Anlass für die Betriebsprüfung gegeben ist.

Dabei sollten Sie wissen, dass der zuständige Betriebsprüfer im Regelfall eigene Prüfungsschwerpunkte setzen wird. Diese Schwerpunkte kann er unabhängig vom eigentlichen Anlass der Betriebsprüfung setzen.

Festzuhalten bleibt, dass eine Betriebsprüfung für jeden Unternehmer immer eine ressourcenbindende und mitunter belastende Situation darstellt. Daher ist die Hinzuziehung eines Steuerberaters ratsam. Unsere Experten bei ECOVIS NRW übernehmen die Kommunikation mit der Betriebsprüfung für Sie und begleiten den gesamten Prozess. Sprechen Sie uns an.

Julian Heesemann

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für die Umstrukturierung von Unternehmen (IFU /ISM gGmbH), Diplom-Finanzwirt, LL.M.

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