4. September 2020

Neukundengewinnung per Post rechtssicher gestalten

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Die Neukundengewinnung ist für viele Unternehmen Königs- und Schicksalsdisziplin gleichermaßen. In Zeiten der COVID-19-Pandemie ist das Werben um neue Kunden bei vielen Unternehmen entweder versandet oder zumindest erheblich schwieriger geworden. Gerade jetzt arbeiten existenzbedrohte Unternehmen mit aller Kraft an der Neukundenakquise. Wir zeigen Ihnen in dieser Blog-Reihe, wie Sie Neukundengewinnung per Post rechtssicher gestalten. Sie erfahren, worauf Sie achten müssen, damit Sie Ihren Absatz steigern und rechtlich auf der sicheren Seite bleiben. Im ersten Teil unserer Serie haben Sie die rechtlichen Grundlagen von sogenannten Cold Calls kennengelernt. In diesem Teil der Reihe geht es um die postalische Ansprache per Brief oder Postwurfsendung.

In Zeiten der Digitalisierung und des Online-Marketings kann die Kaltakquise per Brief eine klassische – wenn auch unorthodoxe – Methode zur Kundengewinnung sein. Was zählt, sind die inneren und äußeren Werte. Ein kreatives und professionelles Design, ein hochwertiger Druck und kompetente sowie zielgruppengenaue Inhalte sind Erfolgsfaktoren. Damit können sich Unternehmer und Dienstleister positiv von ihren Mitbewerbern und billigen Postwurfsendungen abheben.

Postalische Ansprache per Brief oder Postwurfsendung rechtssicher gestalten

Die gute Nachricht vorweg: Briefwerbung ist grundsätzlich rechtlich unbedenklich. Sie kann als klassischer Brief, Flyer, Broschüre oder sogar Katalog erfolgen. Die Voraussetzung ist, dass Ihr klassischer Brief, Flyer, Broschüre oder Katalog ausdrücklich und eindeutig als Werbung erkennbar ist.

Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie Bestands- oder Neukunden, Verbraucher oder Unternehmer gezielt kontaktieren.

Worauf Sie bei der rechtssicheren Neukundenwinnung per Post achten müssen

Nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gibt es lediglich Einschränkung für diejenigen Empfänger, die einer Briefwerbung ausdrücklich widersprechen. Der ausdrücklich erklärte Widerspruch kann zum Beispiel durch einen Aufkleber am Briefkasten, einer Mitteilung an Sie oder der vom Deutschen Dialogmarketing-Verband geführten Robinson-Liste entnommen werden.

Außerdem sollten Sie es mit der Quantität der Post nicht übertreiben, da Sie den Empfänger sonst belästigen. Das ist rechtlich unzulässig. Belästigend im Sinne von § 7 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist nach einer Entscheidung des Kammergerichts Berlin (KG Urt. v. 19.6.2015 – 5 U 7/14) eine geschäftliche Handlung, die dem Empfänger aufgedrängt wird und die bereits wegen ihrer Art und Weise unabhängig von ihrem Inhalt als störend empfunden wird. Unzumutbar ist die Belästigung, wenn sie eine solche Intensität erreicht, dass sie von einem großen Teil der Verbraucher als unerträglich empfunden wird, wobei der Maßstab des durchschnittlich empfindlichen Adressaten zugrunde zu legen ist.

Die Unzumutbarkeit kann sich, so das Berliner Kammergericht, aus weiteren Angaben wie „Zustellungs-Hinweis … Vertraulicher Inhalt“, „Nur vom Empfänger persönlich zu öffnen!“ sowie „Eilige Terminsache!“ ergeben. Hinweise dieser Art sollten Sie tunlichst unterlassen.
Auch bei postalischer Ansprache müssen Sie die Regelungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) beachten. Das tun Sie, indem Sie ihrer postalisch versandten Werbung eine Datenschutzbelehrung beifügen. Wie diese aussehen muss, welche Inhalte dort hingehören, sagen wir Ihnen gerne.

Drei Praxistipps zur rechtssicheren Gestaltung der Neukundengewinnung per Post

Der Grad der Belästigung ist bei einer Werbung per Post gering, das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 3. 3. 2011 – I ZR 167/09 hervor. Versuchen Sie allerdings nicht, diesen Umstand durch rechtswidrige Irreführungen wie zum Beispiel „Dringende Terminsache“ auszuhebeln.

  1. Gestalten Sie Ihren Briefumschlag möglichst neutral. Ihre vollständigen Kontaktdaten als Absender sollten enthalten und klar erkennbar sein. Damit vermeiden Sie den Eindruck einer getarnten Briefwerbung und heben sich von unseriöser und rechtswidriger Werbepost ab.
  2. Auf der sichersten Seite sind Sie, wenn Sie Ihre Post gut sichtbar als Werbung deklarieren. Ein qualifizierter Hinweis kann gerade in Ihrer Branche sogar obligatorisch sein. Der Werbecharakter sollte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) spätestens nach dem Öffnen des Briefs sofort und unmissverständlich erkennbar sein.
  3. Unser Rat: Lassen Sie Ihr praktiziertes Akquisemodell rechtlich prüfen, so vermeiden Sie Sanktionen.

Unsere Einschätzung

Die postalische Ansprache mag in Zeiten der Digitalisierung veraltet sein. Die rechtlichen Grenzen sind zwar weit, aus dem Blick verlieren sollten Sie diese aber gleichwohl nicht. Achten Sie auch auf branchenspezifische Einschränkungen. Eine Anwendung mit Augenmaß ist geboten und eine regelmäßige rechtliche Begleitung Ihres gewählten Akquisemodells empfehlenswert.

Möchten Sie Ihr Business vergrößern, sollte Ihnen die Akquise neue Kunden und keine Abmahnungen, Bußgeld- oder Strafverfahren bringen. Unsere Experten im Vertriebsrecht eruieren Ihr Akquisemodell branchenspezifisch und beraten Sie zur rechtssicheren Kundenansprache. Sprechen Sie uns gerne an.

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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