28. Juli 2020

FAQ: Arbeitsrecht und Corona

Inhaltsverzeichnis

Die Corona-Infektionszahlen steigen aktuell wieder und viele Medien berichten über geplante verpflichtende Tests für Reisende. Das Robert-Koch-Institut (RKI) warnt vor einer „zweiten Welle” und insbesondere vor Gefahren für Risikogruppen. Parallel dazu kommen viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Sommerurlaub 2020 unter Pandemie-Bedingungen zurück. Für Sie stellt sich die Frage, welche Rechte und Pflichten im anstehenden Berufsalltag gelten. Hier haben wir für Sie die „FAQ: Arbeitsrecht und Corona” zusammengestellt.

Was geschieht, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin am Coronavirus erkrankt? Arbeitsrecht und Corona: Muss er oder sie den Arbeitgeber informieren?

Die Erkrankung am Coronavirus führt zur Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin hat daher Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Das gilt auch, wenn er oder sie wegen eines aber noch bestehenden Infektionsrisikos nicht zur Arbeit gehen kann oder gehen darf.
Im Einzelfall kann der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung auch ausgeschlossen sein. Das gilt dann, wenn er oder sie die Arbeitsunfähigkeit verschuldet hat.

Umstritten ist, ob die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber mitzuteilen, dass er oder sie positiv auf das Virus getestet wurde. Wir meinen, dass eine solche Pflicht besteht, damit die Kolleginnen und Kollegen vor einer Infektion geschützt werden.

Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin, der oder die aus dem Urlaub zurückkehrt, muss wegen behördlicher Anweisungen zu Hause bleiben. Wie ist die Rechtslage?

Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin ist nicht arbeitsunfähig erkrankt und hat deshalb keinen Anspruch aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Der Arbeitgeber muss also weiter das Arbeitsentgelt zahlen. Er hat allerdings einen Erstattungsanspruch gegenüber der für den Infektionsschutzgesetz zuständigen Behörde.

Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin ist auf den ÖPNV angewiesen, weigert sich aber, Bus und Bahn zu nutzen. Folge: Er oder sie kommt nicht zur Arbeit. Hat er oder sie gleichwohl einen Vergütungsanspruch?

Das sogenannte Wegerisiko trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin. Daher hat er oder sie in dieser Konstellation keinen Anspruch auf Vergütung. Etwas anderes kann im Einzelfall gelten, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zu einer Risikogruppe gehört.

Arbeitsrecht und Corona: Darf der Arbeitgeber von Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin einen Corona-Test verlangen?

Dieses Recht hat der Arbeitgeber grundsätzlich nicht. Nur wenn er den begründeten Verdacht hat, dass eine Infektion mit dem Coronavirus stattgefunden hat, kann er die Vorlage eines ärztlichen Attests verlangen.

Arbeitsrecht und Corona: Die Corona-Warn-App meldet eine mögliche Infektion. Was passiert arbeitsrechtlich?

In einem früheren Artikel haben wir bereits erklärt, dass der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht verpflichten kann, die Corona-Warn-App zu installieren. Meldet die App eine mögliche Infektion, kommt es auf die Reaktion der Gesundheitsbehörde an.

Ordnet sie eine Absonderung an und kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht im Homeoffice arbeiten, muss der Arbeitgeber für die Zeit der durch die Behörden angeordneten Maßnahme eine Entschädigung in Höhe des Arbeitsentgelts leisten. Dadurch hat das Unternehmen einen Erstattungsanspruch aus dem Infektionsschutzgesetz.

Empfiehlt die Gesundheitsbehörde die Absonderung lediglich, bleibt der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zum Erbringen der Arbeitsleistung grundsätzlich verpflichtet. Der Arbeitgeber muss das Arbeitsentgelt zahlen. Das Unternehmen hat keinen Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz.

Gibt es ein Recht auf oder eine Pflicht zum Homeoffice?

Ohne eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerin existiert grundsätzlich kein Recht auf Homeoffice. Es gibt auch keine Pflicht, im Homeoffice zu arbeiten.

Etwas anderes kann aufgrund der Coronavirus-Pandemie gelten: Der Arbeitgeber muss Schutzmaßnahmen für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergreifen und sicherstellen, dass der erforderliche Mindestabstand am Arbeitsplatz eingehalten werden kann. Außerdem muss ein Betrieb dafür sorgen, dass die erforderlichen Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Unter Umständen muss der Arbeitgeber darlegen, warum das Homeoffice als Infektionsschutzmaßnahme nicht in Frage kommt.

Wenn ein großer wirtschaftlicher Schaden auf andere Weise nicht zu vermeiden ist, kann auch ein Recht des Arbeitgebers bestehen, Homeoffice für die Mitarbeitenden anzuordnen.

Abmahnung wegen Urlaub im Risikogebiet? Was sagt das Arbeitsrecht bei Corona?

Eine Abmahnung setzt eine Pflichtverletzung voraus, die aus dem Arbeitsvertrag hervorgeht. Man könnte dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin vorwerfen, dass er oder sie die Interessen des Arbeitgebers verletzt, wenn er oder sie aufgrund einer Reise in ein Risikogebiet nach dem Urlaub gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen.

Die tendenziell eher arbeitnehmerfreundliche Rechtsprechung wird eine solche Pflichtverletzung verneinen, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während des Urlaubs im Risikogebiet die empfohlenen Verhaltensregeln zur Minimierung des Infektionsrisikos eingehalten hat.

Hat der Arbeitgeber ein Recht zu erfahren, wo ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin den Urlaub verbringt?

Das Recht hat der Arbeitgeber nicht. Etwas anderes kann für Unternehmen gelten, in denen eine Infektion besonders gravierende Auswirkungen hat.

Fazit zu Arbeitsrecht und Corona

Die Corona-Pandemie bringt zahlreiche und immer neue arbeitsrechtliche Fragestellungen mit sich. Zuverlässig beantworten können wir Fragen dazu nur im Einzelfall. Sprechen Sie uns daher gerne an!

Marcus Büscher

Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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