15. Mai 2020

Schließen sich Betriebsausfallversicherung und Bezug von Kurzarbeitergeld in der Krise aus?

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Betriebsbedingte Schließungen treffen Unternehmer vieler Branchen hart. Für solche Fälle gibt es Betriebsausfallversicherungen. In der aktuellen Corona-Krise bieten auch staatliche Stellen Hilfen – beispielsweise den Bezug des Kurzarbeitergeldes. Doch in welcher Beziehung stehen die Hilfen? Schließen sich Betriebsausfallversicherung und Bezug von Kurzarbeitergeld in der Krise aus?  Wir geben Antworten.

Staatliche Programme wie Soforthilfen oder das Kurzarbeitergeld federn die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise für Unternehmer ab. Versicherer sehen daher die Anspruchsgrundlage der Versicherten gefährdet, wenn ihre Bedingungen eine Anrechnung von Entschädigungsleistungen vorsehen.

Gleichzeitig macht die Bundesagentur für Arbeit eine Gewährung von Kurzarbeitergeld vom Nichtbestehen eines Versicherungsschutzes oder einer Versicherungsleistung abhängig.

Hat Kurzarbeitergeld Einfluss auf die Ansprüche gegenüber der Versicherung?

Auf Basis der Annahme, dass durch staatliche Maßnahmen bereits 70 % des Schadens kompensiert werden, schloss die DEHOGA als Lobbyverband der Hoteliers und Gastronomen, die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft und das Wirtschaftsministerium des Landes Bayern einen Kompromiss. Nach diesem bekommen Versicherungsnehmer ohne rechtliche Anerkennung einer tatsächlichen Pflicht des Versicherers bis zu 15 % des vereinbarten Entschädigungssatzes als Kulanzzahlung.

Versicherer kündigten daraufhin bundesweit an, Ansprüche auf dieser Basis zu behandeln und den jeweiligen Versicherten einen entsprechenden Vergleich anzubieten.

Hat der Vergleich Einfluss auf staatliche Leistungen?

Der Vergleich hat zunächst keinen negativen Einfluss auf staatliche Leistungen. Denn nach Auffassung der Bundesagentur für Arbeit, bei der ein Unternehmer Kurzarbeitergeld beantragt, ist der Bezug des Kurzarbeitergeldes in Verbindung mit dem Abschluss des oben genannten Vergleichs mit der Versicherung möglich. Begründet wird dies damit, dass bei Annahme des Vergleichs eine Leistung außerhalb des Versicherungsvertrags erfolge und damit gerade keine Versicherungsleistung des Versicherers vorliege.

Hingegen ist ein Bezug des Kurzarbeitergeldes parallel zur Gewährung der tatsächlich vereinbarten Versicherungsleistung nicht möglich. Das könnte viele Versicherte zu einer vorschnellen Annahme des Vergleichs verleiten. Dies ruft zunehmend Kritik hervor, zumal die Annahme des Vergleichs mit einem Ausschluss aller Ansprüche bei einer möglichen weiteren Schließung einhergeht.

Unsere Einschätzung

Folgt man der Ansicht der Bundesagentur für Arbeit, halten wir den geschlossenen Kompromiss nicht immer für im Sinne der Interessen aller Parteien. In der aktuellen Situation empfehlen wir Versicherten daher eine umfassende Prüfung der Versicherungsbedingungen und eine Erörterung der eigenen finanziellen Lage auf Grundlage der oben genannten Szenarien.

Unterstellt man, es bestehe ein voller Anspruch auf Versicherungsleistung und verzichtet der Versicherte auf diesen, indem er einen Vergleich schließt oder eine Kulanzleistung akzeptiert, ergibt sich ein unmittelbarer Konflikt bei gleichzeitiger Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes. Die Vereinbarung mit der Versicherung wäre dann eine solche zu Lasten des Staates und hebelt dessen subsidiäre, nachrangige Leistungspflicht aus. Im Ergebnis wäre der mit der Versicherung geschlossene Vergleich für die Agentur für Arbeit nichtig und würde eine Neubewertung des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld nach sich ziehen.

Da das Thema aktuell heftig diskutiert ist, gehen wir von einer zeitnahen Klärung der rechtlichen Lage aus.

Wir raten bis dahin, von vorschnellen Entscheidungen abzusehen und halten Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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