6. April 2020

Kurzarbeit-Tarifvertrag für die Filmbranche in der Corona-Krise

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Inhaltsverzeichnis

Der Tarifvertrag für Beschäftigte der Film- und Fernsehschaffenden (TV FFS) vom 29. Mai 2018 sieht keine Kurzarbeit vor. So klar, so eindeutig. Die Corona-Pandemie hat das geändert. Der Bundesverband Schauspiel, ver.di und die Produzentenallianz haben sich geeinigt: Es gibt jetzt einen Kurzarbeit-Tarifvertrag für die Filmbranche.

Voraussetzungen für Kurzarbeit in der Filmbranche

Die Voraussetzungen für Kurzarbeit bis „Kurzarbeit Null“ – also einen Arbeitsausfall von 100 Prozent – sind:

 

  • Produktionsabbruch,
  • Produktionsverschiebung oder
  • zeitweilige Stilllegung von Produktionsarbeiten

Ihre Anordnung muss für eine festgelegte Dauer erfolgen, kann aber verlängert werden, auch mehrmals.

Folgen der Kurzarbeit

Beschäftigte können nach aktuellem Stand Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 Prozent ihrer Vergütung bei der Agentur für Arbeit beantragen. Haben die Arbeitnehmer Kinder zu verosrgen, erhalten sie 67 Prozent. Über eine mögliche Erhöhung berichteten wir in einem unserer letzten Blogbeiträge – beschlossen ist sie bislang nicht.

Insbesondere Arbeitnehmer mit geringem Einkommen kann die Einführung des Kurzarbeitergeldes in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Kosten wie die Miete beispielsweise fallen schließlich weiterhin an.

Tarifverträge regeln Zuschüsse

Tariflich gebundene Produktionsunternehmen sind zudem verpflichtet, einen Zuschuss zu zahlen. Das regelt der neue Kurzarbeit-Tarifvertrag.

Allen Film- und Fernsehschaffenden, für die der Gagentarifvertrag vom 29. Mai 2018 eine Tarifgage vorsieht, erhalten eine Aufstockung auf die vollen Tarifgagen – höchstens jedoch die einschlägige Beitragsbemessungsgrenze.

Für Beschäftigte, für die der Gagentarifvertrag vom 29. Mai 2018 keine Tarifgage vorsieht, ist die Bemessungsgröße für den vom Produktionsunternehmen zu leistenden Zuschuss die individuell vereinbarte Gage – höchstens jedoch die einschlägige Beitragsbemessungsgrenze.

Für Schauspielerinnen und Schauspieler gilt als Bemessungsgröße die Summe der für den Kalendermonat vereinbarten Drehtagsgagen – höchstens jedoch 90% der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze.

Die Sozialabgaben übernimmt bis zu 80 % der Nettogage die Bundesagentur für Arbeit. Die verbleibenden 20 Prozent teilen sich Filmproduzent und Bundesagentur für Arbeit.

Anwendung des Kurzarbeit-Tarifvertrags

Der Kurzarbeit-Tarifvertrag gilt nur, wenn die Parteien entweder tarifgebunden sind oder den Tarifvertrag einzelvertraglich oder durch eine Betriebsvereinbarung in den Vertrag aufgenommen haben. Nicht tarifgebundene Vertragsparteien müssen deshalb eine Zusatzvereinbarung schließen, wenn sie den Kurzarbeit-Tarifvertrag anwenden wollen.

Der Tarifvertrag gilt ab 25. März 2020 und ist bis 31. Dezember 2020 befristet (Kündigung frühestens zum 30. Juni 2020). Sollte ein Produktionsunternehmen schon seit dem 1. März 2020 Kurzarbeit vereinbart oder angeordnet haben, kann es (sofern tarifgebunden) den Kurzarbeit-Tarifvertrag durch einseitige Erklärung zur Anwendung bringen, wenn dies zu einer Besserstellung für den Beschäftigten führt.

Unsere Einschätzung

Der Kurzarbeit-Tarifvertrag für die Filmbranche in der Corona-Krise ist sinnvoll. Es ist zu begrüßen, dass nun die Kurzarbeit auch in der Filmbranche Fuß fasst. Zwar müssen die Produktionsfirmen weiterhin zahlen, aber durch den Tarifvertrag erhalten sie gleichzeitig die Chance, sich von der Zahlung von 100 Prozent der vereinbarten Vergütung zu entlasten.

Es gilt aber weiter unsere Empfehlung, nach der Arbeitgeber die persönlichen Folgen, die die Einführung von Kurzarbeitergeld insbesondere für Beschäftigte mit geringem Lohn nach sich ziehen kann, im Blick behalten sollten.

 

 

Johannes Dähnert

CSO, CCO, CHRO, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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