1. Juli 2020

Bei Erbschaft: Gefahr der Steuerhinterziehung droht

Wer erbt, muss das dem Finanzamt mitteilen. So sieht es das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) vor. Denn die Erbschaftsteuer ist eine sogenannte „Veranlagungssteuer”. Und genau hier lauern Gefahren. Erbschaft: Gefahr der Steuerhinterziehung droht. Wir geben einen Überblick.

Bei der Erbschaftsteuer droht die Gefahr der Steuerhinterziehung. Um das zu verhindern, hat der Gesetzgeber ein „zweistufiges Verfahren” vorgesehen. Das zweistufige Veranlagungsverfahren setzt sich beim Erben aus einer Anzeige der Erbschaft nach § 30 ErbStG ­sowie der Erbschaftsteuererklärung nach § 31 ErbStG zusammen.

Strafbare Steuerhinterziehung bei Erbschaft droht

Eine strafbare Steuerhinterziehung droht allerdings, wenn bei der Anzeige und / oder der Erklärung etwas schief läuft. Beispielsweise wenn die Anzeige nicht oder inhaltlich nicht korrekt beziehungsweise vollständig an das Finanzamt übermittelt wird. Außerdem dann, wenn keine Erbschaftsteuererklärung abgegeben wird oder die Erbschaftsteuererklärung fehlerhaft ist.

Erbschaft beim Finanzamt anmelden

Jeder, der erbt, hat drei Monate Zeit, das zuständige Finanzamt schriftlich darüber zu informieren. So sieht es § 30 ErbStG vor. Das Finanzamt kann dann prüfen, ob es eine Steuererklärung anfordert oder nicht. Geregelt wird dies im § 31 Abs. 1 ErbStG. Wie häufig gibt es hier auch Ausnahmen. Immer aber müssen Erben von Grundbesitz und Immobilien, Betriebsvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften sowie diejenigen sich melden, die Vermögen im Ausland erben. Wenn das alles nicht konsequent und gesetzeskonform angezeigt wird, liegt eine Steuerhinterziehung vor. Grundsätzlich gilt das auch bei mehreren Erben. Konkret: Jeder einzelne muss sein Erbe beim Finanzamt anzeigen. Es sei denn, ein Erbe zeigt die Erbschaft gegenüber dem Finanzamt mit dem Wissen und in Kenntnis der übrigen Erben an.

Steuerhinterziehung durch Versäumnis und Steuerverkürzung

Für das Finanzamt liegt bereits dann eine Steuerhinterziehung vor, wenn eine Erbin oder ein Erbe versäumt, dem Finanzamt innerhalb der vorgeschriebenen Frist von drei Monaten mitzuteilen, dass er oder sie geerbt hat. Geregelt ist dies im § 370 Abgabenordnung (AO). Wenn das Finanzamt keine Erbschaftsteuererklärung anfordern konnte und daher keine Steuer festsetzen konnte, liegt eine „Steuerverkürzung” nach § 370 Abs. 4 AO „im Versuchsstadium” vor. Diese ist nach vier Monaten beendet. So sieht es der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner ständigen Rechtsprechung. Er gewährt damit quasi einen Monat „extra” für fiktive Bekanntgabe- und Bearbeitungsdauer.

Mögliche Hilfe durch Selbstanzeige – strafbefreiende Wirkung

Um zu verhindern, dass es nach den vier Monaten zu einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung kommt, gibt es die Möglichkeit, sich selbst anzuzeigen. Dies geschieht durch Abgabe der Erbschaftsteuererklärung, die als Selbstanzeige für die unterlassene Anzeige gewertet wird. Doch auch die Selbstanzeige birgt Tücken. Denn hier muss extrem darauf geachtet werden, dass alle Angaben vollständig und korrekt sind – und das für die letzten zehn Jahre. Gelingt dies, hat die Selbstanzeige eine strafbefreiende Wirkung. Gelingt dies nicht, kann keine zweite Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung gestellt werden. Die Selbstanzeige in Form der Erbschaftsteuererklärung hat dann keine strafbefreiende Wirkung, was im schlimmsten Fall weitreichende strafrechtliche Folgen haben kann.

Professionelle Hilfe bei Erbschaft – sonst droht die Gefahr der Steuerhinterziehung

Erbinnen und Erben sind in jedem Fall gut beraten, sich professionelle Hilfe bei der Kommunikation mit dem Finanzamt zu suchen, um den beschriebenen Fallstricken aus dem Weg zu gehen. Denn sehr schnell laufen sie sonst Gefahr, sich bei einer Erbschaft der Steuerhinterziehung strafbar zu machen.

Thomas Müller

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

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