Arbeitsrechtliche Aspekte iZm der aktuellen Hochwasserkatastrophe
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Arbeitsrechtliche Aspekte iZm der aktuellen Hochwasserkatastrophe

Anlässlich der aktuellen Hochwassersituation in weiten Teilen Österreichs soll der nachfolgende Newsletter in Ergänzung zum vorangegangenen Newsletter einen Überblick über die wichtigsten arbeits- und abgabenrechtliche Folgen geben.

Anspruch auf bezahlte Dienstfreistellung

Die arbeitsrechtliche Beurteilung hängt vor allem davon ab, in wessen Bereich die „Katastrophensituation“ liegt:

  • Arbeitnehmerseitige Verhinderung: Wenn Arbeitnehmer die Arbeit deshalb nicht antreten können, weil ihr Eigenheim von einer Naturkatastrophe (Überschwemmung, Sturmschäden etc.) betroffen ist, sie nahen Angehörigen dringend benötigte Hilfe bei einer Naturkatastrophe leisten oder der individuelle Weg in die Arbeit (z.B. wegen lokaler Überschwemmungen, Straßensperren infolge eines Murenabgangs o.ä.) nicht passierbar ist, haben sie Anspruch auf bezahlte Freistellung im unbedingt benötigten Zeitausmaß, aber maximal bis zu einer Woche pro Anlassfall (persönliche Dienstverhinderung gemäß § 8 Abs. 3 AngG bzw. § 1154b Abs. 5 ABGB).
  • Betriebsseitige Verhinderung: Ist die Arbeitsleistung deshalb nicht möglich, weil z.B. der Betrieb überschwemmt ist oder weil im Betrieb infolge von Sturmschäden der Strom ausgefallen ist, liegt ein Dienstverhinderungsgrund in der Sphäre des Arbeitgebers. Gemäß § 1155 ABGB haben die Arbeitnehmer i.d.R zeitlich unbegrenzt Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
  • Elementarereignis: Liegt ein Hochwasser im Sinne eines Elementarereignisses vor, dass eine große Allgemeinheit betrifft und daher weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer zugerechnet werden kann, spricht man i.d.R. von der so genannten „neutralen Sphäre“. Der Arbeitnehmer ist zwar berechtigt, der Arbeit fernzubleiben, hat aber keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Kollektivverträge können allenfalls andere Regelungen enthalten.

Leistung freiwilliger Hilfsdienste, Katastrophenhilfe

Arbeitnehmer, die als Mitglieder freiwilliger Feuerwehren, des Roten Kreuzes oder anderer Blaulichtorganisationen während der Arbeitszeit an Katastropheneinsätzen mitwirken, müssen zwar keine arbeitsrechtlichen Sanktionen (Entlassung, Schadenersatz, etc.) fürchten, haben aber gegenüber dem Arbeitgeber auch keinen gesetzlichen Entgeltanspruch nach § 8 Abs. 3 AngG bzw. § 1154b Abs. 5 ABGB.
Die Tragung eines Verdienstentgangs in solchen Fällen ist grundsätzlich Aufgabe der Hilfsorganisationen oder der (für das Rettungswesen zuständigen) Bundesländer.

Sonderregelung für „Großschadensereignisse“

Eine Sonderregelung gibt es aber seit 01.09.2019 für so genannte „Großschadensereignisse“: Für den Fall, dass Arbeitgeber dazu bereit sind, ihren Mitarbeitern für den Einsatz als freiwillige Helfer (im Rahmen ihrer Mitgliedschaft bei einer Blaulichtorganisation) bei Großschadensereignissen bezahlt freizugeben, ist eine staatlich geregelte finanzielle Unterstützung möglich (§ 8 Abs. 3a AngG bzw. § 1154b Abs. 6 ABGB). Als „Großschadensereignis“ zählt eine Schadenslage, bei der während eines durchgehenden Zeitraumes von zumindest 8 Stunden insgesamt mehr als 100 Personen notwendig im Einsatz sind (§ 3 Z. 3 lit. b Katastrophenfondsgesetz).

Zu beachten ist, dass Arbeitnehmer auch nach dieser Bestimmung keinen Anspruch darauf haben, eine Dienstfreistellung zwecks Hilfs- bzw. Rettungseinsatz einfach einseitig zu nehmen, sondern dass es jeweils einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über Ausmaß und Lage der Freistellung bedarf.
Nur dann, wenn eine solche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zustande kommt, hat der Arbeitnehmer für die von der Vereinbarung umfasste Hilfs- bzw. Rettungseinsatzzeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung (siehe § 8 Abs. 3a AngG bzw. § 1154b Abs. 6 ABGB). Der Arbeitgeber kann als Ausgleich hierfür beim Amt der Landesregierung (in jenem Bundesland, in dem das Großschadensereignis stattfand) eine pauschale „Einsatzprämie“ beantragen. Diese „Einsatzprämie“ beträgt € 200,00 pro Tag für jeden im Einsatz gewesenen Mitarbeiter und wird aus dem Katastrophenfonds finanziert.

Abgabenrechtliche Erleichterungen für Arbeitnehmer

Freiwillige Zuwendungen des Arbeitgebers zur Beseitigung von Katastrophenschäden (insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden) sind von allen Lohnabgaben (Lohnsteuer, Beiträge zur Sozialversicherung und Lohnnebenkosten) befreit.

Die Abgabenfreiheit gilt nur für Zuwendungen, die darauf gerichtet sind, unmittelbare Katastrophenschäden (Sachschäden, Kosten für Aufräumarbeiten usw.) zu beseitigen. Zuwendungen zur Beseitigung oder Milderung bloß mittelbarer Katastrophenfolgen (z.B. Verdienstentgang als mittelbare Folge einer Katastrophe) sind nicht begünstigt.

Sofern sich hierbei noch Fragen ergeben, unterstützen wir Sie gerne.

Ihr ECOVIS Betreuer-Team

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