Herausforderungen des Mandanten bei einer Erstprüfung eines Jahresabschlusses bzw. bei einem Prüferwechsel

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Für viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ergeben sich aus dem erfolgreichen Wachstum der Umsatzerlöse und gestiegenen Nachfrage der Produkte oder fremdfinanzierten Investitionen zwei wesentliche Themen. Zum einen müssen die innerbetrieblichen Abläufe wie Rechnungswesen und Personalaufbau an die neuen Herausforderungen angepasst werden. Zum anderen sind aber auch die Größenkriterien zur Einschätzung, ob und wenn ja, ab wann ein Unternehmen gesetzlich prüfungspflichtig wird, zu beachten und das Unternehmen sieht sich einer gesetzlichen Prüfungspflicht des Jahresabschlusses ausgesetzt.

Solange ein Unternehmen noch die Einordnung als kleines, nicht prüfungspflichtiges Unternehmen innehat, ist man auf Ebene der Geschäftsführung und Gesellschafter recht entspannt. Die Jahresabschlüsse (auch der Anhang) werden häufig durch den externen Steuerberater erstellt, die Wahlrechte der Offenlegung in Anspruch genommen, so dass die Unternehmen nur das Mindestmaß an Informationen über den elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichen müssen. Häufig wird dann noch aus Praktikabilitätszwecken heraus der Weg der Einheitsbilanz, also Handels- und Steuerbilanz sind identisch, gewählt. Prüfungspflichtige Unternehmen müssen darüber hinaus erstmals einen Lagebericht aufstellen und sich mit den spezifischen gesetzlichen Anforderungen dieser Berichterstattung auseinandersetzen.

Kommt es jedoch bei einem bisher kleinen Unternehmen zu einem Wachstum des Geschäftsvolumens, wodurch die Größenklassen nach § 267 HGB (Bilanzsumme über 6 Mio EUR, Umsatzerlöse über 12 Mio EUR, Mitarbeiter über 50) an zwei auf einander folgenden Stichtagen überschritten werden, wird automatisch die gesetzliche Prüfungspflicht ausgelöst.

Bisher waren die kleinen Unternehmen häufig im Rechnungswesen personell aber auch fachlich unterbesetzt, so dass die wesentlichen, anspruchsvollen Jahresabschusserstellungsarbeiten in der Regel durch den extern beauftragten Steuerberater der Gesellschaft erledigt werden. Insbesondere die unter Umständen fehlende oder unzulängliche fachliche Kompetenz der Mitarbeiter für die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses kann Auswirkungen auf die Beurteilung der im Folgenden zu besprechenden Prüfung des internen Kontrollsystems (IKS) haben. Nun kommt in dieses Spiel noch der Wirtschaftsprüfer hinzu, der die Ordnungsmäßigkeit und Richtigkeit der Buchführung zu bestätigen hat, und zwar nicht nur für das Jahr der Erstprüfung, sondern auch die des Vorjahres (Bilanz- und Bewertungsstetigkeit).

Zunächst ist durch die Gesellschafterversammlung ein Wirtschaftsprüfer bzw. Wirtschaftsprüfungs-gesellschaft als Abschlussprüfer zu bestellen. Doch für welchen Abschlussprüfer soll sich das Unternehmen entscheiden. Zum einen gibt es sicherlich die bekannten BIG 4 Unternehmen (PWC, EY, KPMG und Deloitte), die mit vielen jungen und teilweise unerfahrenen Mitarbeitern kommen, die gerade erst die Hochschule mit erfolgreichem Bachelorstudium verlassen haben. Unterstützende Beratung, die ein erstmals zu prüfendes Unternehmen dringend benötigt, ist hier wahrscheinlich weniger zu erwarten. Oder die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen der Next TEN oder weitere kleinere mittelständische Prüfungsgesellschaften? Worin unterscheiden sich dann die einzelnen Angebote? Der Preis ist es meistens nicht. Eher sind es das Vertrauen und die Erfahrungen, die man durch persönliche Gespräche bekommt und zu der letztendlichen Entscheidung für oder auch gegen ein Angebot führen. Denn was erwartet man von einem Abschlussprüfer? Nur die reine Prüfung der Jahresabschlüsse oder auch Hinweise auf Verbesserungspotentiale im Rahmen der IKS-Prüfungen und gegebenenfalls Synergieeffekte aufgrund von Prozesshinweisen, die der Prüfer mit der Geschäftsführung und kaufmännischen Leitung bespricht?

Bei einer Erstprüfung werden häufig durch den Wirtschaftsprüfer viele Fehler bzw. Unzulänglichkeiten prozessualer Art festgestellt. Zum einen sind die internen Prozesse noch am Wachsen und haben die finale Struktur noch nicht erreicht. Zum anderen ist die Dokumentation der gelebten Prozesse und der durchgeführten internen Kontrollen nicht ausreichend. Nicht alle Prozessschritte sind ausreichend dokumentiert in Form von „wer macht was wann und wie oft“. Bei fehlender oder unzureichender fachlicher Kompetenz der Mitarbeiter „rächt“ sich unter Umständen jetzt, dass die Abschlussarbeiten (Beurteilung von Ansatz/Bewertung/Ausweis, Beachtung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden) zum Jahresabschluss bisher immer nur einmal im Jahr vom Steuerberater vorgenommen wurden, und dies im Wesentlichen auch nur aus dem steuerlichen Blickwinkel. Kommt der Abschlussprüfer bei den Prozessprüfungen des IKS (bei Erstprüfungen wird er diese regelmäßig durch zeitlich vorgelagerte Vorprüfungen durchführen) zu dem Ergebnis, dass er sich auf die Wirksamkeit der eingerichteten und durchgeführten internen Kontrollen nicht verlassen kann, so kann dies insoweit Auswirkungen auf den zeitlichen Prüfungsablauf und das Prüfungshonorar haben, da der Abschlussprüfer seine Prüfungshandlungen quantitativ ausweiten muss, um für sein abschließendes Prüfungsurteil des Jahresabschlusses die notwendige Prüfungssicherheit zu bekommen.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Umstand, dass sich die Geschäftsleitung im Rahmen der Abschlussprüfung auf die Prüfung der von ihr eingesetzten IT Systeme einstellen muss. Grds. sollte die Thematik dem Unternehmen aus der steuerlichen Anforderung der Erstellung einer Verfahrensdokumentation bekannt sein. Insbesondere bei selbst erstellten IT-Systemen kann hier ein unter Umständen fehlendes Softwaretestat und/oder eine fehlende oder unzureichende Dokumentation des IT-Systems und seiner Schnittstellen zu den bzw. zwischen den Haupt- und Nebenbüchern des Rechnungswesens zu unerwarteten Schwierigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung führen.

Auch muss sich die Geschäftsführung derjenigen Unternehmen mit einem nicht unerheblichen Vorratsvermögen darauf vorbereiten, dass künftig der Abschlussprüfer an der Inventuraufnahme beobachtend teilnimmt und die Anforderungen an die Organisation und Dokumentation der Inventurdurchführung und -bewertung ansteigen werden.

Dies sind Themen, die im Rahmen der Jahresabschlussprüfung hochkommen und als „Hausaufgaben“ für die kommenden Jahre der Geschäftsführung durch die Wirtschaftsprüfer in Form eines Managementletters mitgegeben werden.
Insgesamt bedeutet die (erstmalige) Abschlussprüfung für die bisher lediglich erstellende, kleine Kapitalgesellschaft eine nicht unwesentliche Umstellung der Erstellung und der Dokumentation des Jahresabschlusses.

Die Gründe für die Auswahl des Abschlussprüfers im Rahmen der erstmaligen Prüfungspflicht bzw. des Wechsels des Abschlussprüfers kann und wird in der Praxis – wie zuvor bereits angerissen – sehr unterschiedliche Gründe haben. KMU’s haben in der Regel für die typischen Aufgabenstellungen des Rechnungswesens, d.h. die Finanz- und Lohnbuchhaltung, die Erstellung des Jahresabschlusses und für die steuerliche Beratung, eine Steuerberatung beauftragt. Soweit diese Zusammenarbeit zur gegenseitigen Zufriedenheit verläuft, bleibt diese Beauftragung oft auch dann erhalten, wenn die Gesellschaft erstmals prüfungspflichtig wird und zusätzlich ein Wirtschaftsprüfer hinzugezogen werden muss. Diese Konstellation kann allerdings insbesondere für den Steuerberater kritisch werden, wenn sich aus Sicht der zu prüfenden Gesellschaft im Rahmen Abschlussprüfung herausstellt, dass der beauftragte Wirtschaftsprüfer – der in der Regel ja auch Steuerberater ist – mit seiner Gesellschaft fachlich breiter bzw. internationaler aufgestellt ist. Für die Gesellschaft kann es dabei von Vorteil sein, neben der Abschlussprüfung komplexe steuerliche Themen (Rechtsformwahl, Umwandlungen, Erbfolge etc.) mit nur einem wirtschaftlichen und steuerlichen Berater zu kommunizieren. Der von einigen Mandanten immer wieder vorgetragene Vorteil von mittelständischer aber doch auch international aufgestellten Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften ist die sehr persönliche Beratung und das darüber gewachsene Vertrauen sowie die stetige Erreichbarkeit und die Kontinuität der für diese Beratung notwendigen Personen.

Die Frage nach den Gründen für einen Prüferwechsel bei prüfungspflichtigen Gesellschaften – ohne Berücksichtigung der gesetzlich oder satzungsmäßig vorgeschriebenen Wechsel – wird in der Fachpresse und unter Beratern häufig thematisiert und es gibt dazu auch wissenschaftliche Untersuchungen. Die Gründe sind in der Praxis – wie nicht anders zu erwarten – sicher vielfältig und nicht selten auch sehr einzelfallabhängig; dies zeigen auch die Gespräche mit den Mandanten. Die zuvor genannten BIG 4 bzw. Next Six – Gesellschaften zeichnen sich, und dies erkennen auch mittelständische Mandanten an, durch ihre hohe Fachkompetenz, Renommee, Internationalisierung etc. aus. Diese Prüfungsgesellschaften verfügen über hochspezialisierte und fachkundige Berufsträger, auf der operativen Ebene aber auch über eine Vielzahl junger und unerfahrener Mitarbeiter. Langjährige und erfahrene Mitarbeiter, bspw. ohne Berufstitel, sind dagegen seltener anzutreffen. Im beratungs- und betreuungsintensiveren Bereich der Prüfung kleinerer KMU Gesellschaften wird von den mittelständischen Mandanten oftmals die Kritik vorgebracht, dass das „tagtägliche“ (checklistenorientierte) Prüfungsvorgehen dieser großen Prüfungsgesellschaften mit den doch unerfahrenen Prüfern eher nicht zu den spezifischen Anforderungen mittelständischen Mandanten passt, bei denen auch persönliche Beratung, Einfühlungsvermögen sowie Verständnis für deren Prozesse und Abläufe erwartet werden, die nicht denen eines Globalplayer-Unternehmens entsprechen. Bei einer mittelständischen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsunternehmen kann die zu prüfendende Gesellschaft in aller Regel davon ausgehen, dass die Mitarbeiter aus dem Bereich der Abschlussprüfung auch Ansprechpartner für alle steuerlichen Themen sind.

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer in Düsseldorf, Thilo Marenbach
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