BHKW-Schneeballsystem: Bekommen Geschädigte den Vorsteuerabzug für ihre Anzahlungen?

BHKW-Schneeballsystem: Bekommen Geschädigte den Vorsteuerabzug für ihre Anzahlungen?

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Die Richter des Bundesfinanzhofs haben darüber entschieden, dass Opfer von betrügerischen Schneeballsystemen ein Recht auf den Vorsteuerabzug für ihre geleisteten Anzahlungen haben.

Hintergrund des Verfahrens

Ein Unternehmen mit Firmensitz in Nürnberg und in der Schweiz verkaufte Blockheizkraftwerke (BHKW) an über tausend Kunden. Auch der Kläger hatte eines bestellt und im Voraus bezahlt. Dann verpachtete er das BHKW an das Unternehmen zurück. Anfangs erhielt er hierfür auch Pachtzahlungen. Das Problem an der Sache: Das als besonders effizient und rentabel beworbene BHKW hatte es nie gegeben.

Als das Schneeballsystem aufflog, war das Finanzamt der Ansicht, der geschädigte Kläger sei kein Unternehmer. Ihm hätte der geltend gemachte Vorsteuerabzug daher auch gar nicht zugestanden. Die für die erhaltenen Pachtzahlungen ausgewiesene Umsatzsteuer schulde er trotzdem.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte Anfang 2014 den Chef sowie zehn weitere Angestellte des BHKW-Unternehmens wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs (LG Nürnberg-Fürth, 27.02.2014 – 12 KLs 507 Js 1612/10).

Die steuerrechtlichen Aspekte bei den Opfern der Betrüger hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, nachdem er dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorab mehrere Fragen zu diesem Thema vorgelegt hatte. Die Richter des BFH waren sich nicht sicher gewesen, wie die Mehrwertsteuersystemrichtlinie in diesem Fall auszulegen ist. Die Entscheidung des EuGH können Sie hier nachlesen.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof entschied, dass dem Kläger der Vorsteuerabzug zusteht (Urteil vom 05.12.2018, XI R 44/14). Er war als Unternehmer anzusehen und damit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Seine geleisteten Zahlungen erhielt er nie zurück, da sich das betrügerische Unternehmen seit März 2011 im Insolvenzverfahren befand. Somit wäre er doppelt gestraft gewesen, weil er sich die korrigierte Vorsteuer beim BHKW-Lieferer nicht mehr zurückholen konnte. Allerdings schuldete er auch die ausgewiesene Umsatzsteuer.

Nach Ansicht der Richter gab es keinen Beweis dafür, dass der Kläger über die nichtexistierenden BHKWs Bescheid wusste. Das war für die Richter ausreichend.

Praxishinweis

„Wir hoffen natürlich, dass Sie von diesem Betrugsfall nicht selbst betroffen sind. Falls doch, können Sie sich jetzt vielleicht zumindest den Vorsteuerabzug sichern“, sagt Mathias Paintner, Steuerberater bei Ecovis in Landshut.

Mathias Paintner, Steuerberater bei Ecovis in Landshut

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