Verkauf von Sturmholz – Lieferverträge genau prüfen
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Verkauf von Sturmholz – Lieferverträge genau prüfen

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Der Orkan Kyrill verursachte 2007 in Deutschland Windwurfschäden von 37 Millionen Festmetern Holz. Bei einem so plötzlichen Zusatzangebot kann der Holzpreis schnell fallen. Ein aktuelles Urteil zeigt, warum Sie Lieferverträge genau unter die Lupe nehmen müssen.

Der Sachverhalt: Landesforstverwaltung liefert nicht die vereinbarte Holzmenge

Die Landesforstverwaltung Nordrhein-Westfalen verkaufte regelmäßig Holz an ein Sägewerksunternehmen in Niedersachsen. Das Sägewerk war Teil eines großen Sägeindustrieunternehmens. Infolge des Orkans Kyrill, der 2007 in Deutschland eine Schneise der Verwüstung hinterließ, wollte die Landesforstverwaltung die regionalen Holzpreise stabilisieren. Sie vereinbarte gemeinsam mit weiteren Beteiligten und dem Sägewerksunternehmen die Abnahme mehrerer Millionen Festmeter Holz. Dieses Holz sollte aus Kommunal- und Staatswäldern aber auch aus Privatwäldern stammen.

Schon 2007 und 2008 erfüllten die Holzlieferanten nicht die vertraglich vorgesehenen Abnahmemengen. Das Sägewerksunternehmen geriet 2009 in finanzielle Schwierigkeiten, deshalb verweigerte das Bundesland die weitere Lieferung von Holz. Das Sägewerk musste schließen. Zusätzlich musste das Unternehmen die nicht gelieferten Holzmengen durch Deckungskäufe ersetzen.

Infolgedessen verklagte das Sägewerksunternehmen das Bundesland Nordrhein-Westfalen auf Lieferung der vereinbarten Holzmengen und zusätzlich auf Schadensersatz. Das Landesgericht Münster entschied zunächst, dass die Verträge wirksam waren. Das Oberlandesgericht als nächsthöhere Instanz wies die Berufung zurück.

Die Bundesregierung bat im Anschluss an die Urteile in Zusammenarbeit mit dem beklagten Bundesland die EU-Kommission um Prüfung: Verstießen die streitgegenständlichen Lieferverträge gegen europäisches Beihilferecht und waren somit nichtig?

Sind die Lieferverträge wirksam?

Der Rechtsstreit landete erneut vor dem Landgericht Münster (Urteil vom 21.06.2018, Az. 011 O 33/12): Die abgeschlossenen Lieferverträge sind als staatliches Mittel zu beurteilen, mit dem sich der Wettbewerb verfälschen lässt. Ein marktwirtschaftlicher Investor hätte nicht so gehandelt, wie die staatliche Einrichtung. Die Landesforstverwaltung hätte zwar durch die Lieferverträge relativ hohe Preise erzielen können, das Sägewerk hatte sich vertraglich aber nicht eindeutig zur Abnahme einer bestimmten Menge Holz verpflichtet.

Des Weiteren hatten die Parteien eine Meistbegünstigungsklausel vereinbart. Sie sah vor, dass die Landesforstverwaltung Restmengen nicht zu günstigeren Konditionen an Dritte verkaufen konnte. Diese Risiken glich das Sägewerksunternehmen aber nicht durch andere Gegenleistungen aus. Auf diese Konditionen hätte sich nach Auffassung des Gerichts kein nichtstaatlicher Holzlieferant eingelassen.

Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Lieferverträge gegen deutsches und europäisches Kartellrecht verstießen, denn die marktbeherrschende Stellung der Landesforstverwaltung führte zu einer Ungleichbehandlung anderer Sägewerksunternehmen.

Das Oberlandesgericht Hamm entschied nun, die Berufung des Sägewerksunternehmens zurückzuweisen (Urteil vom 27.02.2020, 2 U 131/18). Die Holzlieferverträge sind insgesamt unwirksam, denn sie verstoßen gegen das europäische Beihilferecht.

Das bedeutet das Urteil

„Für das Sägewerksunternehmen ist dieses Urteil katastrophal. Im Endeffekt hat es Lieferverträge mit dem Staat vereinbart, die dieser nicht vollständig erfüllte. Zu allem Überfluss beruft sich der Staat auch darauf, dass die Verträge gegen europäisches Beihilferecht verstoßen und damit unwirksam sind. Das Unternehmen bleibt somit auf Kosten in Millionenhöhe sitzen“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Alexander Zschau aus Leipzig.

Alexander Zschau, Rechtsanwalt bei Ecovis in Leipzig

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