Erbschaftsteuerreform: Alles im grünen Bereich

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Nach endlosen Streitereien steht die dritte große Reform der Erbschaftsteuer endlich. Für die Land- und Forstwirtschaft bleibt jedoch nahezu alles beim Alten.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 17. Dezember 2014 kurz und prägnant in zwei Absätzen ausgeführt, dass die weitgehende Verschonung der Hofübergabe in der Land- und Forstwirtschaft verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts betrafen vielmehr den gewerblichen Bereich mit der hohen Begünstigung von sogenanntem schädlichen Verwaltungsvermögen, der mangelhaften Anwendung der Lohnsummenregelungen und der erbschaftsteuerlichen Verschonung auch großen betrieblichen Vermögens.

Die Erbschaftsbesteuerung land- und forstwirtschaftlichen Vermögens war daher nicht wirklich Diskussionsgegenstand bei der aktuellen Erbschaftsteuerdebatte. Nur kurzzeitig drohten während des Gesetzgebungsverfahrens Steuerverschärfungen, weil aus einem redaktionellen Versehen heraus plötzlich Saisonarbeitskräfte bei der Lohnsummenregelung mit zu berücksichtigen waren. Das hat der Gesetzgeber jedoch auf der Zielgeraden korrigiert und den bekannten Status quo wiederhergestellt. Mit Ausnahme der Absenkung der Anwendung der Lohnsummenregelung auf Betriebe mit mehr als fünf ganzjährig beschäftigten Arbeitnehmern und den neuen Verschonungsregelungen für Großbetriebe ab 26 Millionen Euro ist daher die dritte große Erbschaftsteuerreform an der Land- und Forstwirtschaft weitestgehend vorübergezogen.

Die 2009 eingeführte Regelverschonung mit einer Freistellung des begünstigten Vermögens in Höhe von 85 Prozent nebst einem Abzugsbetrag von 150.000 Euro und die Optionsverschonung mit einer vollständigen Freistellung werden ungekürzt nur noch auf Vermögenswerte bis zu 26 Millionen Euro angewendet. Angesichts der unverändert niedrigen Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens führt diese Einschränkung wohl nur in Ausnahmefällen zu einer Verschärfung gegenüber der bisherigen Gesetzeslage. Mit einer gewissen Gelassenheit konnten daher Land- und Forstwirte die Erbschaftsteuerreform verfolgen und mit ansehen, wie sich Bundesregierung und Opposition nach langwierigen und heftigen Diskussionen letztlich erst über ein Vermittlungsausschussverfahren nach Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht zum 30. Juni 2016 festgesetzten Frist einigten. Das Ergebnis des zunächst vertagten Vermittlungsausschusses vom 21. September hat der Bundestag am 22. September durchgewunken und der Bundesrat am 14. Oktober 2016 abschließend abgesegnet.

„Da der bisherige Umfang des begünstigten land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und die bekannten Bewertungsverfahren mit Ertragswert, Substanz- bzw. Mindestwert und Liquidationswert im Rahmen des 15-jährigen Nachbewertungsvorbehalts unverändert geblieben sind, richtet sich der Fokus der dritten Erbschaftsteuerreform auf die Besteuerung von gewerblichen Betrieben und Gesellschaften“, erklärt Steuerberater Frank Rumpel. Bei der Bewertung von Gewerbebetrieben wurde das vereinfachte Ertragswertverfahren beibehalten und lediglich der hohe Kapitalisierungsfaktor vom Basiszinssatz abgekoppelt und kraft Gesetz auf 13,75 festgeschrieben, allerdings rückwirkend ab dem 1. Januar 2016. Für Großbetriebe über 26 Millionen Euro erfolgt eine lineare Abstockung der Verschonung von 85 Prozent bzw. 100 Prozent um jeweils ein Prozent je übersteigende 750.000 Euro. Jeglicher Verschonungsabschlag entfällt ab einem Wert von 90 Millionen Euro. Auf Antrag gibt es auch eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung.

Haben Betriebsinhaber mehr als fünf ganzjährig beschäftigte Mitarbeiter, ist jetzt aber die angepasste Lohnsummenregelung ein Thema. Der volle Erhalt der Lohnsumme mit 400 Prozent in der Regelverschonung über fünf Jahre und 700 Prozent über sieben Jahre in der Optionsverschonung greift nun bei mehr als 15 Arbeitnehmern. Darunter gibt es reduzierte Anforderungen. Zwischen sechs und zehn Mitarbeitern beträgt die Mindestlohnsumme nur 250 Prozent, bei der Optionsverschonung 500 Prozent und zwischen zehn und nicht mehr als 15 Arbeitern müssen 300 Prozent bzw. 565 Prozent der Löhne erreicht werden.

Abgeschlossen wird die Reform mit einer Stundungsregelung, nach der nur bei Übertragungen im Todesfall eine siebenjährige, im Erstjahr zinslose Stundung auf die Steuer des begünstigten Vermögens gewährt wird, sowie einer Investitionsklausel. Investiert der Erbe innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall liquide Mittel bzw. nicht begünstigtes Vermögen in den übernommenen Betrieb, wird dieses Vermögen nachträglich als begünstigtes Vermögen behandelt, sofern diese Investition aufgrund eines noch vom Erblasser vorgefassten Plans erfolgt.

Die Neuregelungen treten rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft. Im landwirtschaftsnahen gewerblichen Bereich wie etwa in der Energiewirtschaft und bei Vermarktungstätigkeiten werden die Verschärfungen bei der Besteuerung keine größeren Nachteile bringen. Daher kann, wie in den Beiträgen vorheriger Ausgaben von ECOVIS agrar bereits ausgeführt, das Thema Erbschaftsteuerreform bis auf Weiteres für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebsinhaber und deren Berater abgehakt werden.

Ob oder wann diese Erbschaftsteuerreform wieder das Bundesverfassungsgericht beschäftigen wird, wird die Zeit zeigen müssen. Aber auch hier dürfte die bestehende Erbschaftsbesteuerung in der Land- und Forstwirtschaft nicht vordergründig sein. Unter dem Strich muss man feststellen, dass diese Erbschaftsteuerreform für die große Masse der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ohne weitere Auswirkungen sein wird und es weiterhin bei der günstigen Bewertung mit den niedrigen Ertrags- und Substanzwerten bleibt. „Es ist ja auch mal schön, dass man als Landwirt nicht immer mit im Boot sitzt“, resümiert Steuerberater Oliver Braun.

Einfach mal nachrechnen

Die Diskussion über Sinn und Gerechtigkeit der Erbschaftsteuer wird auch nach der jüngsten Reform weitergehen. Wenn Sie ausrechnen möchten, wie viel Erbschaftsteuer in Einzelfällen anfällt, steht Ihnen dazu der Erbschaftsteuerrechner von Ecovis zur Verfügung: www.ecovis.com/steuern-recht/aktuelles/specials-und-tools/ erbschaftsteuerrechner

 

 

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