Reinvestitionen: Gewinne kassieren ohne Steuern

6 min.

Erlöse erzielen und dafür keine Steuern zahlen, das hört sich fast zu schön an, um wahr zu sein. Die Reinvestitionsregelungen des Einkommensteuergesetzes machen es möglich – jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Sonst drohen hohe Steuerbelastungen.

Nicht nur bei der Umsatzsteuer, sondern auch im Ertragsteuerrecht spielt die Europarechtstauglichkeit von Gesetzesvorschriften eine immer größere Rolle. Betroffen waren unlängst die Reinvestitionsvorschriften der Paragraphen 6b und 6c des Einkommensteuergesetzes, nachdem Steuerpflichtige ihre inländischen Veräußerungsgewinne auf im Ausland erworbene Immobilien übertragen wollten. Der Gesetzgeber reagierte schnell und lässt jetzt auch die steuerfreie Wiederanlage der Gewinne in der EU zu.

Mit der Neuregelung ist aber auch sichergestellt – was weitaus wichtiger ist –, dass die Reinvestitionsvorschriften im Inland unverändert weiter angewendet werden können. Betriebsinhaber, die den Fiskus an ihren Verkaufserlösen nicht beteiligen wollen, können weiter wie bisher die aufgedeckten stillen Reserven auf betriebliche Reinvestitionen übertragen. In der Tabelle „Wohin mit den Erlösen?“ sind die geregelten Übertragungsmöglichkeiten dargestellt. In zeitlicher Hinsicht können die begünstigten Gewinne auf Grundstücke, Aufwuchs und Gebäude übertragen werden, die im laufenden oder bereits im vorhergehenden Wirtschaftsjahr oder in den nachfolgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt werden. „Die Möglichkeiten gelten unabhängig von der Gewinnermittlungsmethode und können daher von Bilanzierern, Überschussrechnern und auch 13a-Landwirten gleichermaßen in Anspruch genommen werden“, sagt Steuerberater Hans Laimer.

Längere Frist bei Baumaßnahmen

Will der Landwirt zur Reinvestition ein neues Gebäude errichten, verlängert sich die Frist von vier auf sechs Jahre – allerdings nur dann, wenn er vor Ablauf des vierten Wirtschaftsjahres mit der Baumaßnahme begonnen hat. Wie die obersten Finanzrichter aus München jüngst entschieden haben, gilt diese Verlängerung auf sechs Jahre aber nur in Herstellungsfällen. Möchte jemand eine Immobilie kaufen und schließt dazu vor Ablauf des vierjährigen Reinvestitionszeitraums den Kaufvertrag ab, ohne dass gleichzeitig die Immobilie innerhalb dieser Frist fertiggestellt wird, verlängert sich aus Sicht der Finanzrichter die Frist nicht auf sechs Jahre. „Hier gibt es also ein böses Erwachen, wenn das Finanzamt die Fristverlängerung ablehnt und dann die aufgedeckten stillen Reserven mit Ablauf des vierten Wirtschaftsjahres voll der Nachversteuerung unterwirft “, befürchtet Laimer. Fällt die Reinvestition aus, muss als Strafzuschlag ein Zusatzgewinn in Höhe von sechs Prozent pro Jahr des Rücklagenbetrags zusätzlich der Besteuerung unterworfen werden.

Laufende Abschreibung verringern

Die Reinvestition führt dazu, dass die durch den Verkauf aufgedeckten stillen Reserven auf das Reinvestitionswirtschaftsgut übertragen werden und sich dadurch die steuerlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten mindern (siehe Beispielrechnung „Investitionen, die sich lohnen“). Während bei Grundstücken die steuerliche Nachbelastung erst im Fall einer späteren Veräußerung oder Entnahme durch einen höheren Gewinn eintritt, wird bei der Übertragung der stillen Reserven auf Gebäude die laufende Abschreibung verringert. „Bei Reinvestitionen auf Gebäude erfolgt daher eine Nachversteuerung der Grundstücksgewinne entsprechend der Abschreibungsdauer der Immobilie, was auf jeden Fall erhebliche Zinsvorteile bietet“, erklärt Ludwig Brummer, Steuerberater. Es hat sich auch nichts daran geändert, dass das Reinvestitionsgut wiederum steuerverhaftendes Betriebsvermögen des Betriebsinhabers sein muss. Das bedeutet, dass die Ersatzbeschaffung in einem Betrieb des Landwirts oder in einer Personengesellschaft , an der er als Mitunternehmer beteiligt ist, durchgeführt wird.

Gewinne überführen

Gewinne aus landwirtschaftlichen Verkäufen können sowohl wieder in landwirtschaftliche Betriebe als auch in Gewerbebetriebe überführt werden. „Während Gewerbebetriebe in nahezu unbegrenztem Umfang Grundstücke und Gebäude zum Zweck der Reinvestitionen hinzuerwerben können, bleiben Landwirten bei Reinvestitionen in ihre Betriebe bestimmte Möglichkeiten verschlossen“, sagt Steuerberaterin Karin Höchtl. Die Voraussetzung, dass das Grundstück oder Gebäude zum Betriebsvermögen der Landwirtschaft zählen muss, wird nämlich nur dann erfüllt, wenn ein zugekauftes Grundstück vom Betriebsinhaber bewirtschaftet werden könnte.

Ob der Betriebsinhaber es tatsächlich selbst bewirtschaftet oder verpachtet bzw. verpachtet lässt, spielt hingegen keine Rolle. Bei Gebäuden, die mit dem Grund und Boden gekauft werden, gilt die gleiche Voraussetzung. Als Reinvestitionen stehen hier nur mögliche Wirtschaftsgebäude zur Verfügung. Kauft der Landwirt Grundstücke mit daraufstehenden Wohn- oder Gewerbeimmobilien, kann er diese aber seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen nicht zuordnen. Hier besteht nur die Möglichkeit, solche Immobilien als Reinvestitionen in einem gewerblichen Unternehmen durchzuführen. Verfügt der Landwirt über keinen Gewerbebetrieb, kann man über eine sogenannte Auffanggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG nachdenken. Immobilien, die von solchen Gesellschaft en gehalten werden, stellen immer begünstigtes gewerbliches Betriebsvermögen dar, da bereits über die Rechtsform die bloße Vermögensverwaltung stets als gewerbliche Tätigkeit eingestuft wird.

Geduldetes Betriebsvermögen

Bei Baumaßnahmen, die der Landwirt selbst durchführt, ist die Lage etwas differenzierter. Die Begrifflichkeit des „geduldeten Betriebsvermögens“ erlaubt es hier, dass Gebäude, die von dem Landwirt auf zuvor eigengenutzten Landwirtschaftsflächen oder der Hofstelle errichtet werden, dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen als begünstigte Reinvestition auch dann zugeordnet werden können, wenn diese Immobilien zu Wohn- oder Gewerbezwecken vermietet werden. Die Ausnahmeregelung wird damit begründet, dass der Grund und Boden, der hier bebaut wird, vorher notwendiges Betriebsvermögen darstellte.

Wohin mit den Erlösen?

 

Landwirt verkauft: Stille Reserven können übertragen werden auf:
·         nackten Grund und Boden·         Grund und Boden

·         Land- und forstwirtschaftlichen Aufwuchs mit Grund und Boden

·         Gebäude

·         Land- und forstwirtschaftlichen Aufwuchs mit dem dazugehörigen Grund und Boden·         Land- und forstwirtschaftlichen Aufwuchs mit dem dazugehörigem Grund und Boden

·         Gebäude

·         Gebäude·         Gebäude

Investitionen, die sich lohnen

Der Landwirt verkauft aus seinem Betrieb heraus Bauland für 600.000 Euro (Buchwert 80.000 Euro) und überlegt, ob er ein neues Wirtschaftsgebäude für 600.000 Euro bauen soll. Gewinnmäßig würde sich das wie folgt auswirken (in Euro)

Wirtschaftsjahr 2015/16
Verkaufserlös600.000600.000
Buchwert./. 80.000./. 80.000
Rücklage § 6b EStG0520.000
Gewinn520.0000
Steuern 40 Prozent208.0000
Mindersteuern  208.000

 

Wirtschaftsjahr

2017/18

  
Herstellungskosten Gebäude600.000600.000
Rücklage § 6b EStG./. 520.000
AfA-Bemessungsgrundlage600.00080.000
Abschreibung 3 Prozent18.0002.400
Steuerminderung

40 Prozent

7.200960
Mehrsteuern jährlich 6.240

Bei gleichbleibenden Steuersätzen spart der Landwirt zunächst 208.000 Euro, die er über 33 Jahre hinweg mit 6.240 Euro jährlich nachzahlt.

 

Das Wichtigste für Land- und Forstwirte aus Steuern und Recht - jetzt anmelden!