Umsatzsteueroption: Geld für die Ernte, aber nicht fürs Vieh

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Pauschalierung oder Regelbesteuerung – wer beim Wechsel von der einen zur anderen Besteuerungsart profitieren will, muss sich über die jeweilige Vor- und Nachteile sehr genau im Klaren sein.

Grundlegende Gesetzesänderungen im Steuerrecht lösen meist einen Rattenschwanz an Folgeproblemen aus. So auch eine Änderung im Umsatzsteuerrecht, die bereits zehn Jahre zurückliegt. Es geht um den Umfang der Vorsteuerberichtigung beim Wechsel des Besteuerungssystems zwischen Umsatzsteuerpauschalierung und Regelbesteuerung. Gerade im Zusammenhang mit Betriebsumstrukturierungen und bei Großinvestitionen stellt sich die Frage nach der Vorteilhaftigkeit der Regelbesteuerung, wenn es darum geht, das Finanzamt über den Vorsteuerabzug an Neuinvestitionen zu beteiligten.

Neben den laufenden Aspekten des geänderten Umsatzsteuerstatus gibt es auch einmalige Effekte aus der Umstellung heraus, die interessant sein können. Das sind die Vorsteuerberichtigungsbeträge, die bei einem Wechsel von der Pauschalierung zur Regelbesteuerung vom Finanzamt an den Betriebsinhaber ausbezahlt werden. Diese Beträge gibt es von jeher für vorsteuerbelastete Anschaffungs- und Herstellungskosten von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern, die der Betriebsinhaber in den vergangenen fünf und zehn Jahren vor dem Wechsel erworben hat. Man spricht hier von den Berichtigungszeiträumen, die für Gebäude zehn und für bewegliche Wirtschaftsgüter fünf Jahre betragen.

Vorsteuererstattung für Umlaufvermögen

Daneben hat der Gesetzgeber 2005 die Möglichkeit geschaffen, Vorsteuerberichtigungsbeträge insbesondere auch für Umlaufvermögen auszahlen zu können. Im Gegensatz zu Gebäuden oder Maschinen, die laufend im Betrieb verwendet werden und für die anteilig noch Vorsteuern bis zum Ablauf dieser Zeiträume erstattet werden, muss dafür jedoch umgedacht werden. Umlaufvermögen, wie beispielsweise Masttiere oder Ernteerzeugnisse, werden nicht laufend, sondern nur einmal verwendet, nämlich dann, wenn sie verkauft werden.

Die Einführung dieser Vorsteuerberichtigung auf Umlaufvermögen hat eine Vielzahl von Fragen aufgeworfen, die erst im Laufe der Jahre durch Rechtsprechung und Finanzverwaltung geklärt wurden. In diesem Zusammenhang hat das bayerische Landesamt für Steuern in einer aktuellen Verfügung die Grundsätze zur Vorsteuerberichtigung für Umlaufvermögen zusammengestellt. Und damit steht fest, dass der Landwirt durch gezielte Maßnahmen bei einem Wechsel zur Regelbesteuerung seine Optionsvorteile steigern und zusätzliches Geld vom Finanzamt ergattern kann.

Hintergrund der Vorsteuerberichtigung für Umlaufvermögen ist auch, dass der Landwirt bei der Produktion als Pauschalierer keinen Vorsteuerabzug hatte, für die Ernte beim Verkauf dann aber Umsatzsteuern ans Finanzamt bezahlen muss. Dieser Nachteil wird über die Vorsteuerberichtigung korrigiert, indem den zu zahlenden Umsatzsteuerbeträgen zumindest noch anteilig nachträglich Vorsteuerbeträge gegengerechnet werden können. Der Landwirt, der in diesem Jahr zur Regelbesteuerung optiert und vor zwei Jahren einen neuen Schlepper für 100.000 Euro netto erstanden hat, bekommt von 2015 bis 2017 jeweils 3.800 Euro (1/5 von 19.000 Euro Vorsteuern) ausbezahlt. Umgemünzt auf das Umlaufvermögen stellt sich das jedoch anders dar. Die Vorsteuerberichtigung für land- und forstwirtschaftliche Verkaufsprodukte erfolgt nicht zeitanteilig nach Berichtigungszeiträumen, sondern punktuell in dem Zeitpunkt, in dem das Erzeugnis veräußert wird (siehe Kasten).

1.000-Euro-Grenze als Hürde

Allerdings ist bei der Vorsteuerberichtigung, gerade auch für Umlaufvermögen, die gesetzliche Bagatellregelung wichtig. Vorsteuern werden nur dann erstattet, wenn der auf das betroffene Wirtschaftsgut entfallende Vorsteuerbetrag mindestens 1.000 Euro beträgt. Dadurch wird vermieden, dass auch für Kleininvestitionen erheblicher Verwaltungsaufwand ausgelöst wird. Beim Anlagevermögen liegt die Grenze daher bei einem Bruttokaufpreis von etwa 6.264 Euro. Beim Umlaufvermögen kommt es darauf an, welche vorsteuerbelasteten Aufwendungen letztlich in die Produktion eingeflossen sind.

Bei der Bagatellgrenze spielt auch das Berichtigungsobjekt eine entscheidende Rolle. Die Vorsteuerberichtigung für Umlaufvermögen unterscheidet im Wesentlichen zwischen der Veräußerung von Tierbeständen einerseits und Ernteverkäufen andererseits. Laut Bundesfinanzhof ist bei Tierbeständen (Schweine, Kälber, Rinder) auf das einzelne Tier abzustellen. Daraus folgt, dass regelmäßig bei Masttieren eine Vorsteuerberichtigung ausscheidet, da hier keine ausreichende Vorsteuerbelastung vorliegt. Ob diese Sicht auch bei der Massentierhaltung, etwa von Legehennen oder Enten gilt, ist noch unklar.

Im Bereich der Ernteverkäufe hingegen stellt die Finanzverwaltung auf den jeweiligen Verkauf ab, also die vertraglich gelieferte Menge. Wird die Getreideernte komplett in einem Kontrakt an einen Abnehmer veräußert, sind alle für die Ernte angefallenen Vorsteuerbeträge, sowohl vor als auch nach dem Wechsel der Besteuerungsart, zusammenzurechnen. Das führt dazu, dass bei entsprechend großen Verkaufsmengen die Bagatellgrenze überschritten und damit die Auszahlung anteiliger Vorsteuerbeträge ermöglicht wird. Werden umgekehrt die erzeugten Produkte über Einzelverträge in kleineren Mengen abgegeben, ist die darauf entfallende Vorsteuer nicht zu berichtigen, weil die Bagatellgrenze greift.

Wie man sieht, kann der Betriebsinhaber durch entsprechende Gestaltung sehr wohl Einfluss auf die Vorteile iner Umsatzsteueroption und die damit verbundene Erstattung von Vorsteuern ausüben.

Wie die Bagatellgrenze funktioniert

Ein Landwirt optiert ab 2015 zur Regelbesteuerung. Er baut unter anderem Weizen an. Zum 31. Dezember 2014 ist der Weizen „halbfertig“, er wird im Juni 2015 „nach Fertigstellung“ in einem Zug verkauft. Dem Landwirt sind für den Weizenanbau abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 1.280 Euro in Rechnung gestellt worden (Aufwendungen bis zum 31. Dezember 2014: 760 Euro, in diesem Jahr bis zum Verkauf 520 Euro).

Steuerliche Lösung

Wegen des Wechsels zur Regelbesteuerung ist eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen und die Bagatellgrenze von 1.000 Euro zu prüfen. Dabei gilt: Als maßgebliches Berichtigungsobjekt ist die gesamte Weizenmenge zum Zeitpunkt des Verkaufs anzusehen. Daher sind die Vorsteuerbeträge aus der gesamten Herstellung des Weizenz miteinzubeziehen, also 1.280 Euro. Die 1.000-Euro-Grenze ist überschritten, der Landwirt erhält 760 Euro vom Finanzamt erstattet. Würde der Landwirt seinen Weizen je hälftig an zwei Abnehmer veräußern, bekommt er kein Geld vom Finanzamt, weil die Bagatellgrenze das verhindert.

 

 

 

 

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