Wie kommt das Alpenveilchen zum Kunden?

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Warenumschließung oder Transportmittel – hier müssen die Betriebe jetzt differenzieren. Was der Endkunde nicht mit erwirbt, gilt bei der Mehrwertsteuerberechnung als zusätzlicher Umsatz.

 

Ob Gärtnerei, Obstanbau oder Gemüseproduktion – immer wieder stehen die Betriebsinhaber vor der Frage, wie sie ihre Waren am besten und schnellsten zum Kunden bringen. Um ihre Urproduktion lagern und vermarkten zu können, benötigen sie Blumentöpfe, Gemüseschalen und Umverpackungen. Werden Händler eingeschaltet, sind darüber hinaus weitere Transportbehälter wie Kisten, Steigen und Paletten erforderlich.

Speziell in diesen Vermarktungsbereichen sind auch Großanbieter tätig, die Boxen und andere Hilfsmittel in Pfand- oder Tauschsystemen anbieten. Weil die Finanzverwaltung feststellte, dass bei diesen Systemen Ungereimtheiten in der Umsatzbesteuerung auftreten, hat sie sich intensiv mit dem Thema beschäftigt und die Besteuerung von Transportbehältnissen neu geordnet.

Um die Neuregelung zu verstehen, müssen wir uns zuerst mit den bisherigen Umsatzsteuerregeln beschäftigen. Eine Gärtnerei, die selbst erzeugte Pflanzen vermarktet, unterliegt mit diesen Umsätzen der Umsatzsteuerpauschalierung nach Paragraf 24 UStG. Damit der Gärtner sein einzelnes Pflänzchen an den Endverbraucher verkaufen kann, benötigt er Pflanztöpfe, Schachteln und je nach Lieferumfang auch noch Kisten oder Steigen. Nach der bisherigen Umsatzsteuersicht handelte es sich bei den Aufwendungen dafür um Nebenkosten für die Pflanzenlieferung, also gehörten die Ausgaben zum Kaufpreis der Pflanze. Es galt der Grundsatz, dass im Regelfall die Lieferung der Behältnisse als unselbstständiger Teil der Warenlieferung anzusehen und damit deren Steuersatz zuzuordnen war. So weit die bisherige Regelung.

 

Transportmittel jetzt eigenständige Warenlieferungen

Diese bekannten Grundsätze wurden verworfen. Sie gelten nur noch für echte Warenumschließungen. Sogenannte Transporthilfsmittel grenzt die Finanzverwaltung nun ab. Deren Lieferung, auch im Tauschweg oder gegen Pfand, ist umsatzsteuerlich als eigenständiger, neben die Warenlieferung tretender Umsatz gesondert zu erfassen. Zu den Warenumschließungen zählen innere und äußere Behältnisse, Aufmachungen, Umhüllungen und Unterlagen, die für die Lieferbarkeit an den Endabnehmer notwendig oder üblich sind und mit Ausnahme der Transportfunktion keinen eigenen Gebrauchswert haben – beispielsweise Pflanztöpfe, Gemüseschalen, Getränkeflaschen, Karottensäckchen etc.

Als Transporthilfsmittel hingegen stuft die Finanzverwaltung diejenigen Transportbehältnisse und Verpackungen ein, die über die Warenumschließung hinaus sinnvoll sind, um die Waren zu lagern und anschließend in logistischer Hinsicht, etwa für den Transport an den Händler, einfacher weitergeben zu können. Das sind beispielsweise Getränke- und Kunststoffpaletten, Kisten, Kästen, Ernte- und Shipperboxen, Steigen und Container. Transporthilfsmittel können auch im Einzelhandel zur Warenpräsentation genutzt werden, sie gehen aber grundsätzlich nicht an den Endverbraucher. Insbesondere darin ist die Abgrenzung zur Warenumschließung erkennbar.

 

Voller Steuersatz für Gitterboxen

Verpackt also der Pilzzüchter seine Champignons in Plastikschalen und stellt diese in Gitterboxen, um sie mit seinem Lastwagen zum Großhändler transportieren zu können, verbindet er die Lieferung seines Erzeugnisses sowohl mit einer Warenumschließung als auch mit einem Transporthilfsmittel. Die hierfür angefallenen Zusatzkosten muss er jetzt nach Ansicht der Finanzämter aufteilen. Die Champignons selbst und die Schale als Warenumschließung stellen die Produktlieferung dar und unterliegen dem Umsatzsteuersatz von 10,7 Prozent für Pauschalierer oder von sieben Prozent für Regelversteuerer. Das Transporthilfsmittel der Gitterbox gilt, davon getrennt, als eine eigenständige Warenlieferung. Und da es sich dabei um kein landwirtschaftliches Erzeugnis handelt, unterliegt die Lieferung der Gitterboxen als Handelsware der Regelbesteuerung mit dem vollen Mehrwertsteuersatz. Ist der Landwirt zur Ausstellung ordnungsgemäßer Rechnungen verpflichtet, muss er in seinen Abrechnungen seine Umsätze in pauschal oder ermäßigt zu besteuernde Umsätze einerseits und mit 19 Prozent voll zu besteuernde Umsätze für die Transporthilfsmittel andererseits aufteilen. Damit sind auch pauschalierende Landwirte von dieser Neuordnung betroffen, da sie neben den pauschalierungsfähigen Umsätzen aus ihrer Urproduktion mit der Weitergabe der Transporthilfsmittel eigenständige Lieferungen ausführen, die mit 19 Prozent Mehrwertsteuer zu besteuern sind.

 

Höherer Verwaltungsaufwand

Für die Landwirte bedeutet das einen erheblich höheren Verwaltungsaufwand, da sie zwischen den beiden Umsatzkategorien unterscheiden müssen. Darüber hinaus müssen pauschalierende Landwirte für die Lieferung der Transporthilfsmittel Umsatzsteuererklärungen ausfüllen und Umsatzsteuerzahlungen an das Finanzamt leisten. Die Umsatzsteuerpficht für Transporthilfsmittel eröffnet aber gleichzeitig einen Vorsteuerabzug, wenn solche Mittel zugekauft werden.

Die Neuregelung sollte zunächst ab 1. Januar 2014 gelten. Auf massives Drängen der Verbände wurden die Übergangsregeln jedoch bis zum Ende des laufenden Wirtschaftsjahres und damit bis zum 30. Juni 2014 verlängert. Ab dem 1. Juli aber haben sich die Betriebe auf die geänderte Umsatzbesteuerung einzustellen. Pauschalierenden Betriebsinhabern, die nur in geringem Umfang Transporthilfsmittel in ihren Absatzwegen einsetzen, erlaubt die Finanzverwaltung eine Vereinfachung: Sofern sie pro Jahr nicht mehr als 4.000 Euro Umsatz aus Transporthilfsmitteln und anderen regelbesteuerten Umsätzen erzielen, können diese der Umsatzsteuerpauschalierung unterworfen werden. In der Mehrzahl der Fälle reicht die Umsatzgrenze aber nicht aus, um Pauschalierer von den Folgen der Regelbesteuerungsumsätze zu befreien.

 

Fazit:

Ausgelöst durch eine kontroverse Diskussion über die Umsatzbesteuerung von Pfand- und Tauschsystemen für den Transport hat die Finanzverwaltung über die umsatzsteuerliche Trennung von Warenumschließungen und Transporthilfsmitteln verfügt. Betroffene Betriebsinhaber müssen daher spätestens zum 1. Juli 2014 ihre Rechnungsstellung ändern und an die neuen Anforderungen anpassen. Sprechen Sie bitte daher rechtzeitig Ihre steuerlichen Berater an.

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