Umsatzsteuer – Keine Gnade für Pauschalierer

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Wie Klärschlamm, Speisereste und Ausgleichsmaßnahmen umsatzsteuerlich zu behandeln sind, ist jetzt entschieden. Leider nicht zugunsten der Landwirte.

Immer wieder sind es die obersten Finanzrichter in München, die den Landwirten das Leben in Sachen Umsatzsteuer schwermachen. Damit es zu diesen Urteilen kommen kann, tut natürlich die Finanzverwaltung im Vorfeld ihr Übriges dazu. Beide Parteien sind nicht gerade freigiebig, wenn es um die Gewährung der Umsatzsteuerpauschalierung geht. Aktuell sind es wieder drei Problembereiche, die Finanzämter und Finanzgerichte übereinstimmend zulasten der Landwirte entscheiden.

Volle Mehrwertsteuer beim Ausbringen von Klärschlamm …
Zunächst die Umsatzbesteuerung von Klärschlammabfuhren durch pauschalierende Landwirte: Für solche Einnahmen müssen die Landwirte 19 Prozent Mehrwertsteuer abführen, da die Übernahme von Klärschlamm zum Beispiel von einer kommunalen Abwasserbehandlungsanlage und das Aufbringen als Dünger auf den eigenen Feldern eine Entsorgungsleistung darstellt und keine der Durchschnittssatzbesteuerung nach Paragraf 24 Umsatzsteuergesetz unterliegende landwirtschaftliche Dienstleistung.

Im Streitfall hatte der Landwirt mit dem Abwasserwerk der Gemeinde einen „Klärschlammaufbringungsvertrag“ abgeschlossen, in dem er sich verpflichtete, für die Dauer von drei Jahren landwirtschaftliche Grundstücke zur Aufbringung von Klärschlamm bereitzustellen und den Klärschlamm der Verbandsgemeinde dort aufzubringen. Das Finanzamt sah in den Klärschlammabfuhren Maschinenleistungen an einen Nichtlandwirt, die nicht der landwirtschaftlichen Urproduktion dienen. Der Landwirt konnte diese Argumentation nicht verstehen, weil er den Klärschlamm als Düngerersatz ausbrachte. Das Finanzgericht in erster Instanz stimmte dem Landwirt zu, der BFH jedoch sieht das anders: Klärschlammabfuhren dürfen nicht mit 10,7 Prozent pauschaliert werden, da die Sonderregelung der Durchschnittssatzbesteuerung nur für begünstigte landwirtschaftliche Dienstleistungen anzuwenden ist. Die Sonderregelung ist eng auszulegen. Leistungen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in landwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen, fallen nicht darunter.

Die Tätigkeiten des Landwirts (Übernahme, Abfuhr und Entsorgung des Klärschlamms) sind aus Sicht des Abwasserwerks als einheitliche Leistung einzustufen, in deren Mittelpunkt die Entleerung der Klärschlammlagerstätten steht. Dies sind keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen. Die positive Nebenwirkung des Klärschlamms als Dünger ändert daran ebenso wenig etwas wie die ertragsteuerliche Rechtsprechung des BFH: Danach sind Klärschlammtransporte Teil der landwirtschaftlichen Urproduktion.

… und beim Abholen von Speiseresten
Als Zweites war die Entsorgung von Speiseabfällen dran. Auch hier sehen die obersten Finanzrichter keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen, wenn ein Veredelungsbetrieb Speiseabfälle aus Restaurants und Großküchen abholt und an seine Tiere verfüttert. Der betroffene Schweinemäster holte mit einem Spezialfahrzeug gegen Bezahlung die organischen Abfälle ab. Diese erhitzte er und verfütterte sie dann ausschließlich an seine eigenen Schweine. Das Finanzamt sah ebenfalls eine Entsorgung der Speiseabfälle und forderte 19 Prozent Mehrwertsteuer.

Die Münchner Bundesrichter stimmten zu, dass der Landwirt nicht berechtigt ist, für die Entsorgung der Speiseabfälle die Umsatzsteuerpauschalierung anzuwenden. Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des vereinfachten landwirtschaftlichen Umsatzsteuersystems auf die von Landwirten durchgeführte Entsorgung von in Restaurants und Großküchen anfallenden Speiseabfällen ist mit dem EU-Mehrwertsteuerrecht nicht vereinbar.

Die Argumente des Futterersatzes ließ der BFH nicht gelten. Vielmehr führte er weiter aus, dass die Speiseresteabholung auch bei einer Verwertung in einer Biogasanlage zur Regelbesteuerung führe. Denn die Speiseresteentsorgung gegen Entgelt stellt stets und unabhängig davon, ob der leistende Unternehmer eine Biogasanlage oder eine Schweinemast betreibt, keine landwirtschaftliche Dienstleistung nach Paragraf 24 Umsatzsteuergesetz dar.

Ausgleichsmaßnahmen sind keine steuerfreien Verpachtungstätigkeiten
Als drittes und momentan letztes Urteil entschied der BFH die volle Steuerpflicht bei der Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz durch pauschalierende Landwirte. Ein Nebenerwerbslandwirt war betroffen, der mit der Gemeinde über seine Grundstücke eine „Vereinbarung über Nutzungsbeschränkung nebst Bestellung einer Dienstbarkeit und Ankaufsverpflichtung“ abschloss. Darin verpflichtete sich der Landwirt unter anderem, dass die Ausgleichsmaßnahme (extensiv genutztes Grünland und Anlage eines Teiches) auf Dauer zu belassen ist, sodass die Grundstücke der derzeitigen Nutzung als Acker für immer entzogen werden.

Zur Sicherung der Ausgleichsmaßnahme wurde zugunsten der Gemeinde eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen. Insgesamt erhielt der Landwirt dafür rund 75.000 Euro, für die das Finanzamt 19 Prozent Mehrwertsteuer forderte. Finanzgericht und BFH stimmten dem zu. Die Grundstücksüberlassung stellt in Fällen von Ausgleichsmaßnahmen keine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit dar, da der Landwirt hier das Nutzungsrecht „unwiderruflich und auf Dauer“ einräumt und so sein Grundstück für immer verliert. Auch die Umsatzsteuerbefreiung für die Bestellung der Grunddienstbarkeit greift nicht.

Fazit:
Der BFH schränkt den Anwendungsbereich der Umsatzsteuerpauschalierung zunehmend ein. Die ertragsteuerrechtliche Beurteilung der strittigen Umsätze ist in diesem Zusammenhang regelmäßig ohne Bedeutung. Bislang hatte der BFH entschieden, dass die Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Flächen für Freizeiterlebnisse (Reiterhof etc.) keine landwirtschaftliche Dienstleistung ist. Im Zweifel sollte jeder Landwirt bei solchen Aufträgen mit 19 Prozent Umsatzsteuerbelastung kalkulieren.

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