Betriebsvermögen – Nutzungsänderung entscheidet

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Was zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zählt, ist klar geregelt. Vorsicht jedoch bei Zwangsentnahmen durch verbilligte Überlassung.

Gerade in stadt- und gemeindenahen Lagen bergen landwirtschaftliche Flächen erhebliche stille Reserven in sich. Als solche bezeichnet man den Unterschiedsbetrag zwischen dem Bilanzwert (Buchwert) und dem höheren Verkehrswert (Teilwert) eines Wirtschaftsguts. Stille Reserven entstehen durch Wertsteigerungen des Wirtschaftsguts, wenn dieses mit seinen ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten in der Bilanz ausgewiesen wird und spätere Wertsteigerungen in der Bilanz nicht erfasst werden.


Vor allem im Immobilienbesitz sind sehr häufig stille Reserven enthalten. In land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verstärkt sich der Trend noch dadurch, wenn landwirtschaftliche Flächen zu Bauland aufgewertet werden. Werden stille Reserven durch Verkauf realisiert, entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn. Neben der bewussten Veräußerung von Grundstücken stellen in der Landwirtschaft Entnahmetatbestände eine erhebliche Bedrohung dar. Die verschärften Risiken einer Entnahme – in Abgrenzung zur Veräußerung – liegen darin, dass nur im Veräußerungsfall entsprechende Liquiditätszuflüsse vorliegen (Kaufpreis), während bei einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen kein Geld zur Verfügung steht, das zur Steuerzahlung herangezogen werden könnte. Hier sind Zwangsentnahmen hervorzuheben, also die Aufdeckung stiller Reserven durch ein Verhalten des Betriebsinhabers, ohne dass dieser bewusst das Wirtschaftsgut aus dem landwirtschaftlichen Betrieb in das Privatvermögen entnehmen wollte.

Mit einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesfinanzhof die Grundsätze zur Zwangsentnahme von Grundstücken, insbesondere bei Erbbaurechtsbestellungen und Nutzungsüberlassungen an Angehörige, überarbeitet. Hiernach verlieren landwirtschaftlich genutzte Grundstücke ihre Eigenschaft als steuerverhaftetes Betriebsvermögen durch eine Nutzungsänderung ohne Entnahmeerklärung nur, wenn eine eindeutige Entnahmehandlung vorliegt, also sich die bisherige Nutzung auf Dauer so ändert, dass das Grundstück seine Beziehung zum Betrieb verliert und dadurch zu notwendigem Privatvermögen wird.


Bei Grundstücken, die zuvor bewirtschaftet und damit zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten, führt eine Nutzungsänderung nicht grundsätzlich zur Entnahme, denn diese Grundstücke können auch gewillkürtes Betriebsvermögen sein, obwohl eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich ist. Erst wenn die Nutzungsänderung einen Umfang annimmt, durch den sich der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebs verändert und die Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt, ist die Zwangsentnahme unvermeidlich.


Unproblematische Erbbaurechte

Nach Meinung der Münchner Finanzrichter führt selbst die Bestellung einer Vielzahl von Erbbaurechten noch nicht zur Überschreitung der für eine landwirtschaftliche Betätigung schädlichen Grenze, wenn die endgültige Nutzungsänderung einen Umfang von weniger als zehn Prozent der landwirtschaftlichen Gesamtflächen betrifft, auch wenn die Erträge aus der Vermögensverwaltung die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte überwiegen. Erst wenn diese Aufgriffsgrenze überschritten wird, kommt es im Einzelfall auf einen Vergleich der Erträge aus den verschiedenen Nutzungen oder auf die Anwendung anderer Abgrenzungskriterien an, zum Beispiel der Verkehrsanschauung.


Nimmt der Betriebsinhaber wiederholt solche Nutzungsänderungen vor, stellt sich die Frage, wie die Zehn-Prozent-Geringfügigkeitsgrenze anzuwenden ist. Nach dem Urteilsspruch sind alte Nutzungsänderungen nicht mehr zu berücksichtigen. Früher bereits aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedene erbbaurechtsbelastete Grundstücke werden für die Frage, ob die spätere Bestellung weiterer Erbbaurechte einen schädlichen Umfang hat, nicht mehr herangezogen. Denn nicht mehr zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörende Grundstücke haben keinen Einfluss auf den Charakter der landwirtschaftlichen Betätigung. Der Umfang der bereits vorhandenen privaten Vermögensverwaltung mit früher bestellten Erbbaurechten führt nicht zu einer Entnahme der neu mit Erbbaurechten belasteten landwirtschaftlichen Grundstücke. Betrifft die neue Erbbaurechtsbestellung weniger als zehn Prozent der aktuell landwirtschaftlich genutzten Flächen, bleiben diese Grundstücke weiter gewillkürtes Betriebsvermögen im landwirtschaftlichen Betrieb.


Grenze bei verbilligter Überlassung einhalten

Nach allgemeinen Grundsätzen führt die unentgeltliche Überlassung betrieblicher Wirtschaftsgüter zu außerbetrieblichen Zwecken zu einer Zwangsentnahme aus dem Betriebsvermögen, wenn sie nicht nur von vorübergehender Dauer ist. Denn durch so eine unentgeltliche Überlassung verliert das Grundstück auf Dauer seine Beziehung zum Betrieb und wird dadurch zu Privatvermögen. Dieser Grundsatz gilt aber nicht für die verbilligte Überlassung. Denn durch eine Nutzung, die weiterhin zu laufenden betrieblichen Vorteilen wie Einnahmen führt, verliert das Wirtschaftsgut seine Beziehung zum Betrieb noch nicht. Die außerbetrieblich veranlasste verbilligte Vermietung einer Wohnung des Betriebs stellt so nur eine Nutzungsentnahme dar. Zu versteuern sind bei einer Nutzungsentnahme die anteiligen Kosten der außerbetrieblichen Nutzung, höchs­tens jedoch die marktübliche Miete. Durch eine verbilligte Überlassung an Angehörige kommt aber eine Entnahme der überlassenen Wohnung nicht in Betracht.


Auch ein verbilligter Erbbauzins führt in der Regel nur zu einer Nutzungsentnahme und nicht zu einer Entnahme des Grundstücks. Die steuerlichen Grundsätze machen keinen Unterschied zwischen einer Wohnung oder einem erbbaurechtsbelasteten Grundstück. Erst wenn der verbilligte Erbbauzins die Geringfügigkeitsgrenze von zehn Prozent des ortsüblichen vollen Erbbauzinses unterschreitet, verliert das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück seine Beziehung zum Betrieb und wird zwangsweise zu Privatvermögen. Die bisherige strenge Auffassung der Finanzverwaltung, dass bereits dann eine Zwangsentnahme vorliegt, wenn der Erbbauzins weniger als 50 Prozent der ortsüblichen Zahlung beträgt, lehnten die Finanzrichter ab.


Fazit: Zwangsentnahmen von Grundstücken können hohe Steuern auslösen. Mit dem dargestellten Urteil besteht jetzt aber Gewissheit, dass bei Anwendung der Zehn-Prozent-Unschädlichkeitsgrenze bereits in früheren Wirtschaftsjahren entnommene erbbaurechtsbelastete Grundstücke unbe­rücksichtigt bleiben bei der Berechnung, ob die spätere Bestellung weiterer Erbbaurechte zu einer Überschreitung dieser Unschädlichkeitsgrenze führt. Weiterhin führt die Vereinbarung eines verbilligten Erbbauzinses zwischen dem Landwirt und seinem Kind nicht zu einer Entnahme, sofern der verbilligte Erbbauzins die Grenze von zehn Prozent des ortsüblichen vollen Erbbauzinses nicht unterschreitet.

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