Hinterziehungszinsen erfolgreich abwehren

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Wieder einmal zeigt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, dass der Rechtsstaat funktioniert. Im Urteil vom 12.07.2016 (II R 42/14) verneinte dieser die Zulässigkeit zur Festsetzung von Hinterziehungszinsen, wenn das Finanzgericht seine Auffassung, dass eine Steuerhinterziehung vorgelegen habe lediglich auf die fehlende Nachweislichkeit eines Treuhandverhältnisses stützt. Vielmehr muss das Finanzgericht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung selbst überzeugt sein.
Im Urteilsfall wurde Ende der 90er Jahre zunächst ein Konto mit Depot auf die Stieftochter einerseits und Jahre später das (vermehrte) Vermögen auf deren Stiefmutter zurück übertragen. 2010 teilte die Stiefmutter den Vorgang dem Einkommensteuerfinanzamt mit. Daraufhin wurden entsprechende Schenkungsteuerbescheide erlassen, die bestandskräftig wurden. Anschließend wurden vom Finanzamt rund 45 TEUR wegen Hinterziehung von Schenkungsteuern Hinterziehungszinsen festgesetzt.
Die Klägerseite hatte jedoch argumentiert, dass gar keine Hinterziehung von Schenkungsteuern vorgelegen habe, da die Vermögensumschichtungen aufgrund eines Treuhandverhältnisses erfolgt seien und damit der Treugeber die ganze Zeit zumindest wirtschaftlicher Eigentümer des Vermögens gewesen sei. Als Indiz für diese Behauptung konnte festgestellt werden, dass die Stieftochter tatsächlich auch nicht über das Vermögen verfügt habe.
Da kein unterzeichneter Treuhandvertrag vorlag konnte das Finanzamt zwar zu Recht Schenkungsteuer festsetzen, denn im Steuerverfahren muss der Steuerpflichtige beweisen, dass ein solches – die Steuerhinterziehung ausschließendes – Treuhandverhältnis vorlag. Ohne schriftlichen Vertrag ist jedoch die Beweisführung fast unmöglich.
Im Verfahren zur Festsetzung von Hinterziehungszinsen jedoch trägt die Finanzbehörde die Feststellungslast, dass kein Treuhandverhältnis und damit eine Steuerhinterziehung vorgelegen hat. Das gab der bis dato ermittelte Sachverhalt aber nicht eindeutig her. Der Bundesfinanzhof hat das Verfahren an das Finanzgericht zurück übertragen, damit die entsprechenden Feststellungen dazu nachgeholt werden.
Dieser Fall zeigt auf bestechende Art und Weise, dass jeder Bescheid über Hinterziehungszinsen es wert ist, überprüft zu werden. Dies gilt hauptsächlich jedoch für die Fälle, wo (noch) keine rechtskräftige Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erfolgt ist.
In der Praxis erfolgt die Festsetzung von Hinterziehungszinsen quasi automatisch, sobald im Steuerverfahren eine Steuerhinterziehung nicht auszuschließen ist. Eine hierzu erforderliche Prüfung auf Rechtmäßigkeit unterbleibt nicht selten. Dem Verfasser sind bereits mehrere solcher unrechtmäßigen Bescheide aus der eigenen Praxis bekannt, die dann am Ende erfolgreich angefochten und wieder aufgehoben wurden.