OLG Köln: Titelschutz für „wetter.de“- App?

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In einer Entscheidung vom 5. September hatte das OLG Köln (Az. 6 U 205/13) sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Titel der Wetterdienste-App „wetter.de“ markenrechtlichen Schutz genießt. Der Streitfall drehte sich um eine Klage der Betreiberin der Website „www.wetter.de“ sowie der dazugehörigen App „wetter.de“ gegen einen österreichischen Wetterinformationsdienst, der eine Wetter-App unter den Bezeichnungen „wetter DE“, „wetter-de“ und „wetter-DE“ betreibt. Die Klägerin war der Ansicht, ihr stünde ein titelrechtlicher Unterlassungsanspruch nach §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2, 3 und § 4 MarkenG gegen die Beklagte zu. Denn die Bezeichnung der App der Beklagten sei ihrem eigenen App-Titel so hochgradig ähnlich, dass Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Apps bestünde. Ihrer Meinung nach handele es sich bei dem Titel „wetter.de“ um einen Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG, der markenrechtlich vor Verwechslungen mit der App der Beklagten geschützt sei. Sie führte diesbezüglich aus, dass auch der Verkehr die Bezeichnung „wetter.de“ mit der Klägerin als Betreiberin der Website sowie der App verstünde, sodass hierin keine bloße Adressbezeichnung oder rein beschreibende Angabe, der ein titelrechtlicher Schutz nicht zu gewähren wäre, zu sehen sei. Außerdem seien die für Zeitungen und Zeitschriften geltenden erleichterten titelrechtlichen Maßstäbe auf ihre App anwendbar. Hilfsweise berief die Klägerin sich auf eine markenrechtliche Schutzfähigkeit des Zeichens „wetter.de“ kraft Verkehrsdurchsetzung. Nachrangig machte sie zudem wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen Irreführung des Adressatenkreises und Behinderung ihrer selbst im Wettbewerb durch die Beklagte nach § 4 Nr. 10 UWG geltend.

Die Beklagte hatte die Abweisung der Klage beantragt und berief sich darauf, dass es bei der Bezeichnung einer App bereits an einem Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG fehle. Auch die für einen markenrechtlichen Schutz kraft Verkehrsdurchsetzung erforderliche Unterscheidungskraft des Zeichens „wetter.de“ sei nicht gegeben, zumindest aber von der Klägerin nicht hinreichend dargelegt worden.

Das OLG Köln schloss sich, ebenso wie bereits das Landgericht Hamburg (Beschl. v. 08.10.2013), der Auffassung der Beklagten an und wies die Klage ab. Das OLG wies in seiner Entscheidung zunächst darauf hin, dass die Bezeichnung einer App dem Werktitelschutz nach § 5 Abs. 3 MarkenG grundsätzlich zugänglich sei. Da eine App typischerweise lediglich das entsprechende Online-Angebot einer Website als mobile Übertragungsform wiedergebe, richte sich die Titelschutzfähigkeit einer App nach den Grundsätzen zur Begründung von Kennzeichenrechten durch die Benutzung von Domain-Namen. Eine Domain sei als Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG zu verstehen, wenn der Verkehr hierin eine Bezeichnung gerade dieser Website erblicke. Der Domain müsse folglich als Zeichen eine originäre Kennzeichnungskraft innewohnen, die nur gegeben sei, wenn ihr die Eignung zur Werkindividualisierung zukomme. Bei rein beschreibenden Domains, die als bloße Adressbezeichnung verstanden würden, fehle es an dieser Voraussetzung für den Werktitelschutz. Für den vorliegenden Fall bezog das Gericht sich auf eine Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 19.10.2005. Dementsprechend handele es sich bei der Internetadresse „wetter.de“ in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Informationen über das Wetter um eine reine Sachangabe. Auch der Senat war daher der Ansicht, dass es der Bezeichnung „wetter.de“ an einer originären Kennzeichnungskraft fehle. Der Charakter als bloße Beschreibung führe zur Freihaltebedürftigkeit der Bezeichnung, sodass keine Markenrechtsverletzung durch die Beklagte gegeben sei. Entgegen der Ansicht der Klägerin könne auch der Zusatz „.de“ hieran nichts ändern, da es sich um eine bloße Länderzuweisung handele. Es sei zwar richtig, dass eine App – anders als eine Domain – keine Länderzuweisung benötige. Diese Tatsache führe jedoch nicht dazu, dass dem Zusatz „.de“ bei Apps ein eigenständiger schöpferischer Gehalt zukomme, der der Bezeichnung insgesamt eine kennzeichnende Funktion verleihe. Denn dem Verkehr sei nicht bewusst, dass eine App einer Länderzuweisung nicht bedürfe, sodass dieser in dem Zusatz „.de“ nichts anderes als eine solche Zuweisung erblicke. Auch seien vorliegend nicht die geringeren Maßstäbe an die Unterscheidungskraft bei Zeitungs- oder Zeitschriftentiteln entsprechend anwendbar. Diese seien auf Domains allenfalls dann übertragbar, wenn diese ein Online-Gegenstück zu einem entsprechenden Offline-Werk darstellen, auf das die gegenüber den allgemeinen Grundsätzen deutlich herabgesetzten Anforderungen an die Unterscheidungskraft gelten. Das sei beispielsweise bei einer Internet-Zeitung der Fall. Eine entsprechende Printausgabe der Seite „wetter.de“ existiert jedoch nicht, sodass die geringeren Maßstäbe an die Unterscheidungskraft für Zeitschriften hierauf nicht übertragbar seien. Eine etwaige Verkehrsdurchsetzung des Zeichens „wetter.de“, die zu einem titelrechtlichen Schutz führen könnte, habe die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt, so das Gericht. Die gängige Rechtsprechung fordere insbesondere bei rein beschreibenden Angaben höhere Zuordnungsgrade als 50 Prozent durch Verbraucher für die Annahme der Verkehrsdurchsetzung. Die  von der Klägerin vorgelegte Umfrage könne solche Zuordnungsgrade gerade nicht bestätigen. Daher lehnte das OLG eine Verkehrsdurchsetzung des Zeichens „wetter.de“ ab, denn ein erhöhter Durchsetzungsgrad sei nicht bewiesen.

Auch der Hinweis der Klägerin auf die enorme Höhe der getätigten Werbeaufwendungen, der ihren Ausführungen entsprechend zu einem hohen Bekanntheitsgrad geführt habe, könne hieran nichts ändern. Auch die Voraussetzungen für wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen unlauterer Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG seien nicht gegeben. Hierfür sei erforderlich, dass die wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Klägerin durch die Beklagte als Mitbewerberin in einer Weise beeinträchtigt würden, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht. Unlauterkeit läge insbesondere dann vor, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die beeinträchtigten Mitbewerber durch die Behinderung ihre Leistung am Markt nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Allein die Registrierung und Benutzung eines Gattungsbegriffs als Internet-Domain reiche hierfür nicht aus. Gleiches müsse für die Verwendung eines rein beschreibenden App-Titels gelten. Dass dem App-User bei der Suchworteingabe „wetter.de“ im App-Store auch die App der Beklagten vorgeschlagen würde, rechtfertige nicht die Annahme einer unlauteren Behinderung. Denn die Beklagte habe auf die Suchergebnisse keinen Einfluss. Diese seien vielmehr technisch vorgegeben und von der Anzahl der Downloads durch die User – folglich der Beliebtheit der Apps – abhängig. Auch eine Täuschung des Verkehrs durch die Beklagte, auf der die Annahme einer unlauteren Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG typischerweise beruht, sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Klägerin nicht überzeugend dargelegt, dass das Verhalten der Beklagten geeignet sei, sie vom Markt zu verdrängen bzw. sie so zu beeinträchtigen, dass sie ihre Leistung durch eigene Anstrengungen nicht mehr angemessen zur Geltung bringen könne.

Die Beklagte darf ihre App folglich weiterhin unter dem bisherigen Namen anbieten.