Bundesgerichtshof erweitert Patentschutz für Computersoftware

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Der Bundesgerichtshof hat in einem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend die Anmeldung eines Softwarepatents durch Siemens die Patentierbarkeit von Computersoftware erheblich erweitert (Beschluss des Xa- Zivilsenats vom 22.4.2010 – Xa ZB 20/08).Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit hatte das Bundespatentgericht, welches die Patenterteilung abgelehnt hatte, die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.

In der Sache ging es um ein Programm zur Generierung von dynamischen Dokumenten in einer Server-Client-Umgebung, die durch beschränkte Server-Ressourcen und insbesondere durch das Fehlen einer geeigneten Laufzeitumgebung wie z. B. der Java Virtual Machine auf dem Server gekennzeichnet ist.

Kritisches und zumeist greifendes Ausschlusskriterium für die Patentfähigkeit von Software war bislang das Erfordernis der „Technizität“ der Erfindung. Die Software musste ein technisches Problem mit technischen Mitteln lösen.  In Programmcode übersetzte Arbeitsanweisungen an ein Computersystem galten insoweit jedoch nicht als technisches Mittel. So hatte auch das Bundespatentgericht im entschiedenen Fall zwar noch ein technisches Problem angenommen, weil die Software Kapazitätsbeschränkungen des Servers softwaremäßig ausgeglichen hat. Dann aber hat es gemeint, der erfindungsgemäße Erfolg werde nicht mit technischen Mitteln, sondern durch konzeptionelle Überlegungen hinsichtlich der Einbindung eines bestimmten Softwaremoduls erreicht. Dem hat der BGH nun entgegengehalten, dass ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems nicht nur dann vorliege, wenn z. B. Gerätekomponenten modifiziert oder grundsätzlich abweichend adressiert würden. Es reiche vielmehr aus, wenn der Ablauf eines Daten-verarbeitungsprogramms, das zur Lösung des Problems eingesetzt wird, durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt.

Diese Grundsatzentscheidung hat weitreichende Bedeutung, weil damit das Ausschlusskriterium der „Technizität“ für Software praktisch gefallen ist. Ob man Software als patentfähig ansehen möchte oder nicht, ist letztlich eine rechtspolitische Frage, die der deutsche Gesetzgeber vom Grundsatz her an sich verneint hatte. Mit seiner Rechtsprechung hat der BGH nunmehr die Rechtslage in Deutschland in weitem Umfang an die weitaus offenere Gesetzgebung und Rechtsprechung in anderen maßgeblichen Industrieländern angepasst.

Nachtrag vom 26.05: Die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung wird allerdings unterschiedlich eingeschätzt, siehe

http://www.digitalmajority.org/forum/t-243953/iamblog:german-supreme-court-software-patent-decision-not-a-landmark-ruling-says-expert