Umsatzsteuerfreiheit für Privatkliniken ohne Zulassung in Sicht

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München – Auch ohne Zulassung als Krankenhaus können Privatkliniken künftig möglicherweise die Steuerbefreiung von Umsätzen aus Krankenhausbehandlungen und eng damit verbundenen Umsätzen in Anspruch nehmen. Die im Umsatzsteuergesetz enthaltene Beschränkung der Steuerbefreiung auf zugelassene Krankenhäuser ist nicht mit der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) vereinbar und verstößt somit gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität.
 
Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 18. März 2014 (Aktenzeichen: 15 K 4236/11 U) entschieden, dass sich Privatkliniken, die die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz nicht erfüllen, stattdessen auf Unionsrecht berufen können.
 
Nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz sind die Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, zum Beispiel von kommunalen Krankenhäusern, steuerfrei. Das gleiche gilt für Krankenhäuser, die von Einrichtungen des privaten Rechts betrieben werden, sofern diese nach § 108 SGB V zugelassen sind. Das sind Krankenhäuser

  • die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind oder
  • die in den Krankenhausplan eines Landes (Plankrankenhäuser) aufgenommen sind sowie
  • Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

Leistungen von Privatkrankenhäusern, die die genannten Kriterien nicht erfüllen, sind hingegen von der Umsatzsteuerbefreiung ausgeschlossen.
Im vorliegenden Fall hatte eine Klinik für Psychotherapie geklagt. Sie war weder in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen worden, noch hatte sie mit den Landesverbänden der Krankenkassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen. Das Finanzamt behandelte daher die psychotherapeutischen Leistungen als steuerpflichtig.
Das Finanzgericht Münster folgte der Auffassung des Finanzamts allerdings nicht, da die deutsche Regelung zur Steuerfreiheit gegen EU-Recht, genauer gegen Artikel 132 Abs. 1 Buchst. b) der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL), verstoße. Die Klinik durfte sich daher, trotz des Fehlens einer Zulassung nach § 108 SGB V, unmittelbar auf das für sie günstige EU-Recht berufen und die Steuerfreiheit beanspruchen. Nach der europarechtlichen Vorschrift sind Krankenhausleistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder Behandlungsleistungen, die unter – in sozialer Hinsicht – vergleichbaren Bedingungen erbracht werden, steuerfrei. Unter die Steuerbefreiung fallen daher generell Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und andere ordnungsgemäß anerkannte Einrichtungen, unabhängig davon, ob diese über eine Zulassung nach §108 SGB V verfügen oder nicht.
Zur Begründung seiner Entscheidung stützte sich das Gericht unter anderem auch auf den für das Umsatzsteuerrecht maßgeblichen Grundsatz der steuerlichen Neutralität als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes. Dieser Grundsatz verbietet es, dass Wirtschaftsteilnehmer, die die gleichen Leistungen unter vergleichbaren Umständen bewirken, bei der Mehrwertsteuererhebung unterschiedlich behandelt werden.
Fazit:
Das Verfahren ist derzeit beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig (Aktenzeichen V R 20/14). Somit bleibt dessen Entscheidung abzuwarten. Träger von Privatkrankenhäusern, deren Leistungsangebot mit dem der öffentlich-rechtlichen bzw. zugelassenen Krankenhäuser vergleichbar ist, könnten von einer positiven Entscheidung des BFH profitieren. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass die Steuerfreiheit der ärztlichen Ausgangsleistungen einen Verlust des Vorsteuerabzugs für Eingangsleistungen nach sich ziehen würde. Das heißt, sollte der BFH die Steuerfreiheit für private Kliniken bejahen, wäre immer noch abzuwägen, ob diese Steuerfreiheit im Einzelfall auch wirklich günstiger ist. Im Moment sollte das weitere Vorgehen mit dem steuerlichen Berater abgestimmt werden, um ein positives Urteil des BFH dann gegebenenfalls nutzen zu können.
Autorin: Doreen Wiesner-Damaschke, Rechtsanwältin bei Ecovis in Rostock
 

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