Erleichterung für Praxisabgeber: Rücknahme der Ausschreibung ist möglich
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Erleichterung für Praxisabgeber: Rücknahme der Ausschreibung ist möglich

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Der Antrag auf Ausschreibung einer Zulassung lässt sich noch sehr spät im Nachbesetzungsverfahren zurücknehmen, so das Bundessozialgericht.

Das Bundessozialgericht hat die Interessen von Praxisabgebern gestärkt. Ein Antrag auf Nachbesetzung lässt sich solange zurücknehmen, bis über die Nachbesetzung endgültig entschieden ist. Die Zwischenentscheidung des Zulassungsausschusses, überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren durchzuführen, ändert daran noch nichts. Erst mit Bestandskraft der Auswahlentscheidung endet das Recht, den Antrag zurückzunehmen.

Der Fall: Ein Arzt nimmt seinen Nachbesetzungsantrag zurück

Ein Orthopäde wollte seinen Sitz an eine benachbarte Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) abgeben und beantragte entsprechend die Ausschreibung. Die Zulassungsgremien entschieden zunächst, dass der Sitz nicht einzuziehen ist. Stattdessen ordneten sie ein Nachbesetzungsverfahren an und teilten die Zulassung in der zweiten Sitzung der BAG zu.

Gegen diese Entscheidung klagte ein Mitbewerber, dem das Sozialgericht auch einstweiligen Rechtsschutz gewährte. Damit war klar, dass eine Entscheidung über die Nachfolge des Antragstellers auf Jahre hinaus unsicher war.

Nun nahm der Abgeber seinen Antrag auf Nachbesetzung zurück und verzichtete auf seinen Sitz zugunsten seiner Anstellung in der BAG. Gegenüber der Ausschreibung hat dies den Nachteil, dass er nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mindestens drei Jahre angestellt tätig bleiben muss, bevor sich die Arztstelle neu besetzen lässt.

Der Mitbewerber war der Ansicht, dass der Abgeber seinen Nachbesetzungsantrag nicht mehr hätte zurücknehmen dürfen. Der Grund: Der Zulassungsausschuss habe bereits rechtskräftig entschieden, dass ein Nachbesetzungsverfahren überhaupt durchzuführen sei.

Urteil: Bei der Nachbesetzung steht das Interesse des Arztes im Vordergrund

Das Bundessozialgericht erteilte den Mitbewerber eine Absage (Urteil vom 12.02.2020, B 6 KA 19/18 R). Zur Begründung führte der Vertragsarztsenat aus, dass sich durch die Entscheidung, ein Nachbesetzungsverfahren durchzuführen, nichts an den Rechtspositionen der Beteiligten ändert. Das Verfahren soll die Interessen des abgebenden Arztes schützen. Diese seien aber mit der Entscheidung über eine Nachbesetzung noch nicht abschließend berücksichtigt. Für den abgebenden Arzt gehe es um seinen Sitz als bestehende Rechtsposition, für die Bewerber dagegen nur um Chancen. Diese könnten ihre Rechte deswegen erst gegen die abschließende Auswahlentscheidung geltend machen. Vor Bestandskraft der Entscheidung lässt sich das Verfahren damit jederzeit durch Rücknahme beenden.

Das bedeutet das Urteil für Sie

Viele Zulassungsausschüsse gehen davon aus, dass nach Rücknahme eines Ausschreibungsantrags vor der Neuausschreibung eine Sperrfrist, die zwischen drei Monaten und drei Jahren liegen kann, einzuhalten ist. „Ob damit die vom Vertragsarztsenat in der vorliegenden Entscheidung skizzierten Rechte gewahrt sind, ist noch offen“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Tim Müller aus München.

Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München

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